Hagen Rether – der Allround Kabarettist
Seit vielen Jahren tourt der 1969 geborene Kabarettist mit unglaublichem Eifer und großer Ausdauer durch die Lande. Sein Programmtitel „Liebe“ bleibt dabei gleich, nur der Inhalt wechselt. Unter Kollegen gilt er als „Wagnerianer“, also jemand, der sehr lange Bühnenshows macht, weit über zwei Stunden.
Sehr oft sind seine Veranstaltungen wie bei Georg Schramm über ein halbes Jahr im Voraus ausverkauft.
Durch sein Klavierspiel, den Pferdeschwanz, seinen edlen Anzug, aber auch durch Bananen und Baseballschläger als merkwürdige Utensilien auf dem Flügel ist er zu seinem eigenen Markenzeichen geworden.
Es gibt quasi keine berühmte Kabarettsendung, in der er noch nicht aufgetreten ist. Er besticht durch einen einzigartigen verkürzten Stil, durch beinahe arrogant wirkendes Vorbeireden am Publikum, und einer inhaltlichen Brisanz und Ausdrucks-Härte, die das Publikum nicht zu Lachern und kreischendem Getrampel, sondern zum genauen Hinhören zwingt.
Neben dem Deutschen Kabarett-Preis und dem Kleinkunstpreis hat Hagen Rether noch viele weitere Auszeichnungen erhalten.
Anders als die sogenannten Hildebrandt Nachfolger, tritt Hagen Rether zwar ab und an in der für Kabarett vielleicht bedeutendsten ZDF-Sendung „Neues aus der Anstalt“ auf.
Aber das Greifen der Themen und die Darstellung seiner Kritik zu hetzenden Wochenzeitungen gegen Moslems wie in seinen legendären Jahresrückblicken, oder der übersteigerten Angst vor Kopftüchern verpackt Rether nicht in plätschernde Wortspiele, sondern hält mit dem Salzstreuer in die Wunde.
Politisch ist er eher als Pazifist und linksgerichteter Autor unterwegs. Seit fast zehn Jahren ist er Mitglied von Attac.
Hagen Rethers Themenbreite lässt sich spannen vom Krieg in Afghanistan, Fleisch-Skandalen, Niedriglöhnen in Asien, über amerikanische Heuchelei zurück zur FDP oder dem Papst. Immer wieder ist Tenor, dass wir vernünftig, gesprächsbereit miteinander umgehen sollten und der Hinweis, vor der eigenen Tür zu kehren, bevor man verbal über andere herfällt.
Bei der Katholischen Kirche greift er ihre Dogmen, Frauen verachtenden Einstellungen und das patriarchische Gehabe an, wobei es ihm anscheinend nicht um den Glauben an sich geht, sondern die verkrustete, mafiöse Struktur der Institution Kirche.
Einige Beispiele seines knappen Stils – zur Kirche
„Vor zwei Wochen hat der Papst die Vorhölle abgeschafft. In den Psychiatrien sitzen Leute für weniger.“
„Heerscharen von Eltern und besorgten Pädagogen und Erziehungswissenschaftlern zerbrechen sich den Kopf, wie's den Kleinen besser geht seit Generationen, und die machen was sie lustig sind. Die Moslems müssen fünf Mal am Tag auf die Verfassung schwören, bis die Finger bluten, und unsere eigene Kirche macht hier ihre Parallelgesellschaft auf. Das verletzt mein sittliches Empfinden. Wir gehen mit den Fundamentalisten ins Gericht in anderen Religionen – wir haben unsere eigenen nicht mal unter Kontrolle.“
„Wenn nicht die Frauen Millionenfach Ehrenamt bekleiden würden an der Basis – das Ganze wäre ein leerer, hohler, im Ritual verhafteter, gepuderter Tuntenhaufen.“
Vielleicht ist es eine kleine Schande für uns und ein Phänomen des Blickwinkels zugleich, dass gerade ein grandioser Kabarettist uns am besten den deutschen Spiegel vorhält, der gar nicht hier geboren ist, sondern in Rumänien.
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