Das Königreich von Meroe und seine Pyramiden: Archäologie im Sudan

Das Königreich von Meroe lag im heutigen Sudan und zählt zu einer der afrikanischen Hochkulturen. Es handelt sich um die Zeit der späteren Phase des antiken Reiches von Kusch, das von ca. 750 v.Chr.-350 n.Chr. andauerte und in die napatanische Phase (750-300 v.Chr.) und meroitische Periode (300 v.Chr.- 350 n.Chr. ) untergliedert wird. Diese Einteilung basiert auf der einstweiligen Nutzung der Stadt Napata als Hauptstadt, und später, vermutlich aufgrund von landwirtschaftlichen und nomadischen Gründen, deren Verlegung nach Meroe. Während die napatanische Phase sich kulturell sehr eng an Ägypten geschlossen hatte, zeigt die meroitische Periode, neben den ägyptischen, auch viele subsahara-afrikanische und griechische Elemente in Kunst und Architektur.

Die Vorgeschichte der Nubier und napatanische Phase

Nubien, welches von jeher von Ägypten wegen seiner Gold- und „Menschen“vorkommen ausgebeutet worden ist, war während des Neuen Reiches eine ägyptische Kolonie. Nachdem das Neue Reich zerbrach und in dem Nilland das politische Chaos der Dritten Zwischenzeit ausbrach, gelang es den Kuschiten einen eigenen Staat zu bilden. Die Umstände dieser Staatenbildung, seine Grenzen und der politische Einflußbereich in Ägypten sind in der Forschung stark umstritten.

Tatsache ist, dass Napata die Hauptstadt dieses Gebildes war, in deren Umgebung sich die Herrscher beerdigen ließen ( Al- Kurru, Nuri und Barkal). Der Begriff „Gebilde“ ist insofern angebracht, da nicht von einem Staat in unserem Sinne ausgegangen werden kann. Vermutlich gab es den Hof in Napata, der aber auch oft wanderte, und drumherum Völker und Stämme, die als lose Vasallen betrachtet werden können. Die gesamte Kultur war, wie bereits erwähnt, stark ägyptisiert.

Dem Kuschitenherrscher Pije gelang es, Ägypten zu erobern und damit die XXV. Dynastie zu begründen sowie das Wirrwarr zahlloser Lokaldynastien im Nilland zu beenden. Unter einem seiner Nachfolger, Taharka, erlebte das Land eine neue Blütezeit. Er baute, restaurierte und erweiterte viele Tempel und Gebäude. Überhaupt bemühten sich die „Schwarzen Pharaonen“ nie, die Ägypter zu „afrikanisieren“. Stattdessen passten sie sich gänzlich in Kunst, Architektur, Sitten und Ritualen dem großen Nachbarn an und waren schon fast „ägyptischer als die Ägypter selbst“. Besonders dem Stil des Alten und Mittleren Reiches wurde nachgeeifert, da diese Epochen als besonders klassisch und vorbildlich galten.

Der nubische Ausflug nach Ägypten endete nach knapp 50 Jahren mit der endgültigen Erstarkung der Assyrer. Zwar war es den Kuschiten bis dahin wiederholt gelungen, sich den Eroberen aus dem Norden zu widersetzten, doch letzlich scheiterten sie und die XXVI. Dynastie begann mit dem ägyptischen Vasallenkönig der Assyrer, Psammetich I. aus Sais. Die Nubier konnten aber einen großen Einfluß in Theben beibehalten.

Die meroitische Periode

Circa um 300 v.Chr. wurde, wie bereits erwähnt, die Hauptstadt in das südlichere Meroe verlegt, das sich ungefähr 220 km nördlich von Khartoum befindet. Ungefähr zeitgleich ergriffen die Ptolemäer in Ägypten die Macht. Als erster Herrscher dieser Phase gilt Ergamenes, der von Diodor erwähnt worden ist. Der klassische Autor überliefert, dass Ergamenes in Philosophie unterrichtet worden sei und sich gegen die Priester aufgelehnt und gewehrt habe. Bis dato hatte es sich bei dem Reich von Kusch um eine Theokratie gehandelt (d.h. die Staatsgewalt basiert auf der Religion); de facto bedeutete dies, dass die Priester aktiv in politische Angelegenheiten eingriffen und den König auch rituell töten lassen konnten, wenn „der Gott es verlangte“.

Seit 150 v.Chr. ist die Entwicklung einer eigenen meroitischen Schrift und Sprache zu verfolgen, die sich anfangs zwar sehr an die ägyptischen Hieroglyphen anlehnte, sich aber durchaus zu einer eigenständigen Sprache entwickelte, die bedauerlicherweise bisher nur fragmentarisch übersetzt werden kann. Aus den Inschriften zweier Stelen der Königin Amanirenas und den Überlieferungen römischer Historiker lässt sich schließen, dass es in den Jahren 25. und 24 v.Chr. zu einem militärischen Konflikt mit Rom kam, den die Nubier, unter großen Verlusten, gewannen. In den darauffolgenden Jahren erlebte das Land eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit.

In den drei darauffolgenden Jahrhunderten sind die Könige immer schlechter bezeugt, die Bautätigkeit verringert sich und die Pyramiden der Meroiten werden immer kleiner. Lange Zeit wurde dies als ein wirtschaftlicher und kultureller Niedergang der Kultur interpretiert; inzwischen hat sich die Betrachtung gewandelt und es werden auch positiv konnektierte Faktoren, wie z.B. eine einfache Prioritätenverschiebung innerhalb der Kultur zu weltlichen Aspekten als Lösungsansatz herangezogen.

Um 300 n.Chr. werden die letzten Herrscher des Reiches von Kusch datiert, und 350 n.Chr. ist das Reich aus unbekannten Gründen in drei neue Königreiche zerfallen: Alwa, Makuria und Nobatia.

Die Stadt Meroe und kuschitische Tempel

Über ihre Entstehung ist nichts bekannt, Funde lassen aber darauf schließen, dass sie schon früh in der napatanischen Epoche eine überregionale Bedeutung einnahm.

Die Polis kann in drei Teile unterteilt werden. Zum einen gab es den königlichen Stadtteil im Zentrum, der von einer Mauer umgeben war, und in dem, neben den offiziellen königlichen Gebäuden, ein klassisches römisches Bad war. Dieses Bad gilt als ein außergewöhnliches Zeugnis für kulturellen Transfer und vieles der damals herrschenden Schönheit, wie z.B.  Sandsteinskulpturen, Wandeinlagen aus Fayence oder bunt dekorierter Wandverputz ist noch erhalten. Der zweite Teil beinhaltet den großen Amuntempel und diverse, kleinere Tempel, die von ägyptischen Bauvorbildern domiert worden sind. Der Eingang wurde von einem großen Pylon gesäumt, darauf folgte ein Hof/ Säulenhalle und im Inneren befand sich das Allerheiligste, das eine bis drei Kapellen umfassen konnte. Weitere wichtige Tempel aus dem Königreich von Kusch sind der große Amuntempel am Gebel Barkal, der sogenannte „Sonnentempel“, dessen verehrter Gott nicht bekannt ist, der Tempel von Al-Musawwarat as-Sufra, eine gigantische Ruine, die einzelnen Ebenen verbunden durch Rampen und u.a. verziert mit kolossalen Elefantenstatuen und der Amun- und Löwentempel in Naga, beide gebaut von Natakamani, einem Zeitgenossen Augustus‘. Neben dem Amuntempel von Naga steht der sogenannte Römische Kiosk, dessen Architektur eine anmutige Verbindung zwischen subsahara-afrikanischen und hellenistischen Elementen ist.

Lose verteilt um den königlichen und religiösen Bereich Meroes standen die Wohngebäude für das normale Volk.

Die Pyramiden

Die Pyramiden des Reiches von Kusch sind bei weitem nicht so berühmt wie ihre ägyptischen Pendants, aber mit Sicherheit ebenso verzaubernd. Pije, der erste „schwarze Pharao“ war auch der Erste nubische Herrscher, der sich so ein Bauwerk errichten ließ und nicht mehr das traditionelle Hügelgrab wählte. Die kuschitischen Pyramiden sind im Stil des Neuen Reichs gebaut und nicht mehr in der gewohnten Form des Alten Reiches. Sie sind wesentlich kleiner, haben einen steileren Winkel und auch keine Spitze als Abschluß, sondern einen Zylinder. Zudem hatte sich die Funktion Bauten in den vergangenen Jahrtausenden verändert. So waren sie im Alten und Mittleren Reich noch ausschließlich königlichen Begräbnissen vorbehalten gewesen. Dies änderte sich, als die Pharaonen im Neuen Reich Felsgräber benutzen; in dieser Zeit wurden sie zu einem Statussymbol der Beamten und Privilegierten. Die Gründe für den Wechsel der nubischen Herrscher sind unklar, aber es gibt zwei vorherrschende Theorien, die sowohl eigenständig agieren als sich auch verbinden können. Da davon auszugehen ist, dass in der kolonialen Nutzungsphase Nubiens viele Beamten vor Ort waren und dort auch den Weg ins Jenseits antraten, müssen den Kuschiten die Neuen Reich Pyramiden bekannt gewesen sein, und sie haben die Tradition möglicherweise nur fortgeführt.

Zudem findet dieser kulturelle Bruch in einem historischen Augenblick statt, in dem die Nubier Ägypten eroberten und damit unmittelbaren Kontakt zu den monumentalen Grabstätten Cheops, Chephrens, Mykerinos und weiteren bewunderungswürdigen pyramidialen Bauwerken hatten.

Pije ließ seine Pyramide in El-Kurru, nahe der Stadt Napata, bauen; aufgrund seiner Liebe zu Pferden sind alle seine Lieblingspferde in der Nähe begraben. El-Kurru gehört, gemeinsam mit Bauten aus Napata, seit 2003 zum UNESCO Weltkulturerbe.

Bei der Verlegung der Hauptstadt nach Meroe wurde auch die Nekropole dorthin verlegt, und 24 Herrscher bauten sich ihre Pyramide im Umfeld Meroes. Die Grabstätten sind stets nach denselbem Schema aufgebaut: vor ihnen befindet sich ein kleiner Totentempel- in Nuri, El-Kurru und Barkal stehen eine Stele und ein Opfertisch in ihm, in Meroe ist er mit Reliefs verziert, die sich überwiegend an einem afrikanischen Schönheitsideal orientieren- und die Grabkammern liegen darunter. Oft war der gesamte Komplex von einer Mauer umgeben.

Entdeckung der Pyramiden und der Schatz der Amanischacheto

Der italienische Arzt und Abenteurer Giuseppe Ferline reiste 1834 zu den pyramidischen Bauwerken der Kuschiten. Nicht wissend, dass sich die Grabkammer unterhalb des Grabmales befindet, unterlag er der irrigen Ansicht, es müsse sich in den Zentren der Bauten Goldschätze befinden. Mit dieser Theorie zerstörte er zunächst viele, da er sie einfach abtragen ließ, ohne mehr als Geröll zu finden; einzig in der Pyramide der Kandake Amanischacheto („Kandake“ ist der Königinnentitel) hatte er das Glück auf einen Schacht zu stoßen, der vermutlich von Grabräubern gegraben worden ist, und die dort einen Teil ihrer Beute zurückgelassen hatten, bei dem es sich um einmaligen, hochwertigen Schmuck handelt.

Kandake Amanischacheto lebte im 1. Jahrhundert nach Christus und unter ihrer Herrschaft prosperierte das Land.

Bedauerlicherweise hatte Ferline, trotz der Zerstörung der archäologischen Hinterlassenschaften, noch nicht einmal Glück mit seinem Goldschatz. Die europäischen Museen waren überzeugt, es könnten keine derart wertvollen und exquisiten Objekte aus Schwarzafrika kommen und taten sie als Fälschung ab.

Heute sind sie in den ägyptischen Museen von Berlin und München zu bewundern. Weitere Informationen bekommen Sie hier. Seit 2011 gehören die Pyramiden und Meroe zum UNESCO-Weltkulturerbe.

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Eine Meinung

  1. Da ich mich sehr für die alte Kultur der Pyramidne interessiere, war ich vor Kurzem auf dem Kunstforum und der Ausstellung „Königsstadt Naga“. Die hochwertige Dokumentation hierzu (erhältlich beim „Naga-Projekt Berlin“, einfach mal nachfragen) kann ich jedem, der noch etwas mehr Informationen zum Thema sucht, nur Wärmstens empfehlen.

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