Monika Bittl und Silke Neumayer reden Klartext
Denn große Entfernungen bei den Arbeitswegen sind lange nicht der einzige Grund, warum so viele Frauen das Gefühl haben, alleinerziehend verheiratet zu sein. Und wer glaubt, es gebe keine Zeitmaschinen, der war wahrscheinlich noch bei keiner Geburt dabei. Denn in den Kreissaal geht man als modernes Paar hinein, ausgestattet mit den besten Vorsätzen, und kommt irgendwo in den Fünfzigern wieder heraus. Davon zumindest sind die Autorinnen dieses nicht ganz ernst zu nehmenden, deswegen aber nicht minder amüsanten Buches überzeugt: „Wie in einer antiken Tragödie scheint im Kreißsaal eine Schicksalsgöttin ihren Fluch zu sprechen: Von nun an hat jeder seine althergebrachte Rolle wieder zu spielen, von nun an seid ihr wie seit jeher Familienernährer und umsorgende Mutter.“ Gestandene Personalchefs wissen nicht einmal, wie der Babysitter heißt, der abends ab und zu mal auf ihr Kind aufpasst, Männer, die tagsüber ganze Heerscharen von Angestellten leiten, schreien beim kleinsten Mucks des Säuglings verzweifelt nach der Mama und sie glauben, sie würden die Hälfte des Haushalts machen, wenn sie mal einkaufen gehen.
'Männer wissen, wie hart es ist, Kinder großzuziehen. Deshalb gehen sie lieber ins Büro'
Mit viel Humor und schöpfend aus einem großen eigenen Erfahrungsschatz plaudern Monika Bittl und Silke Neumayer aus ihrem Alltag, der sie von Alleinerziehenden nur in einer Hinsicht unterscheidet: Ihr Wäscheberg ist noch größer. Aufgepeppt mit ein paar Statistikergebnissen (96,8 Prozent aller Männer wollen viel Zeit mit ihren Kindern verbringen und immerhin 81,4 Prozent wollen sie „beaufsichtigen und betreuen“ – vor der Geburt, danach arbeiten Väter zu über 75 Prozent mehr als sechsunddreißig Stunden pro Woche, Tendenz steigend mit der Anzahl der Kinder) beschreiben sie Situationen, die all die Frauen, die alleinerziehend verheiratet sind, nur zu gut kennen. Da ist der Verdacht, dass „sich die Viren und Bakterien der Kinder nachts ganz im Geheimen mit allen Terminkalendern von allen BlackBerrys und iPhones der Väter synchronisieren.“ Damit diese beim kleinsten Anzeichen von Krankheit sofort in den nächsten Flieger oder Zug steigen können, um sich möglichst weit von Fieberthermometern, Ohrenwickeln und Brecheimern entfernen zu können. Oder der Hinweis darauf, dass man als Frau das Spiel „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist schmutzig“ wohl so gut wie immer gewinnen wird.
Vom ganz normalen Wahnsinn zwischen Kind, Kerl und Karriere
Es ist witzig, dieses Buch. Bis zu einem gewissen Grad zumindest. Dann fängt es an, sich im Kreis zu drehen und fast ein bisschen wie ironisch verkleidetes Selbstmitleid zu wirken. Allerdings nur, wenn man penibel genau hinschaut. Als Lektüre, die das eigene Selbst aufbessert, indem sie darauf verweist, dass es anderen auch nicht besser geht, ist das Büchlein auf jeden Fall gut geeignet.
Monika Bittl und Silke Neumayer: Alleinerziehend mit Mann, erschienen im Januar 2012 bei knaur. Zu einem Taschenbuchpreis von 8,99 Euro.
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