Es gab mal eine Zeit, und das ist noch gar nicht so lange her, da wurden Babys als etwas gesehen, das weder Schmerzen empfinden kann noch wirklich Gefühle hat. Und wenn, dann sind diese Wesen – das wollte man den Eltern einreden – nur darauf aus, einen zu tyrannisieren. Also nach der Geburt gleich weg von der Mutter und in einen schön sauberen Glaskasten. bloß nicht stillen und vor allem auch mal schreien lassen, das stärkt die Lungen. Schlafen sollten diese Kinder grundsätzlich alleine und zwar möglichst den Großteil des Tages sowie der Nacht.
Doch auch damals gab es bereits Mütter, die mehr auf ihren Instinkt denn auf das, was man ihnen weiszumachen versuchte, hörten. Die spürten, dass ein Baby nicht nur unglaublich viel Nähe braucht, sondern dass es auch Empfindungen hat und selbstverständlich Schmerzen fühlt – körperlich wie seelisch.
Wer einmal ein Neugeborenes gesehen hat, der weiß, dass da so ein wissender Ausdruck in den Augen ist, etwas, das man spürt, aber nicht erklären kann. Der Autor geht genau darauf ein, er weist auf Forschungserkenntnisse hin, die besagen, dass sich Kinder sehr genau an ihre Geburt, ja manche sogar an die Zeit davor erinnern und dass im Alter von etwa zwei Jahren, wenn die Sprache ins Spiel kommt, viele davon berichten. Oft ungehört. David Chamberlain ist sich sicher, dass es sich hier um einen neuen Meilenstein in der Erforschung von Säuglingen handelt, der uns, wenn wir ihn ernst nehmen, sehr viel weiter bringen wird in unserem Verständnis für das Funktionieren der Welt.
Ein spannendes Buch mit vielen Fallbeispielen und eine Anregung, sich mit dem Thema intensiver auseinanderzusetzen. Schade, dass es so ein Buch nicht gegeben hat, als mancher von uns alleine in seinem Kinderzimmer um Verständnis schrie.
David Chamberlain: „Woran Babys sich erinnern – über die Anfänge unseres Bewusstseins im Mutterleib“, erschienen bei Kösel, zu haben für 17,95 Euro.