Studium Wildlife Management: Mein Auslandspraktikum in Kambodscha

Studium „Wildlife Management“ in Holland

Nach der Schule muss man sich entscheiden, wo es hingehen soll; dass es ein Beruf mit Tieren sein soll, war mir schon immer klar, aber außer Biologie oder Tiermedizin hat Deutschland in dieser Richtung nicht viel zu bieten. Durch Zufall erfuhr ich, dass man in Holland „Wildlife Managament“ studieren kann.

Ich befinde mich jetzt im dritten Jahr meines Studiums und hätte keine bessere Entscheidung treffen können, weder in Bezug auf das Studium noch auf die Entscheidung, in die Niederlande auszuwandern.

Was es bedeutet, als Deutscher „Wildlife Management“ in Holland zu studieren

„Ein 4-wöchiger Niederländisch Sprachkurs sollte genügen, um im Studium mithalten zu können.“, wird den deutschen Studenten am Anfang mitgeteilt. Dass dieser Kurs natürlich nur eine gewisse Basis darstellt und die ersten Wochen hauptsächlich von Durchhaltevermögen und Ehrgeiz geprägt sind, wird dann aber doch schnell deutlich. Aufgrund des massenhaften Auftretens von deutschen Studenten in den Niederlanden, wodurch schnell Bande geknüpft werden, der Geduld und Toleranz der Holländer gegenüber den Startschwierigkeiten der deutschen Studenten,  und auch der Ähnlichkeit der niederländischen Sprache zu unserer, gelingt es den deutschen Studenten trotzdem relativ schnell, mitzuhalten, und sich ein Leben in der Studentenstadt Leeuwarden aufbauen zu können.

In der zweiten Hälfte des ersten Jahres zählen deutsche Studenten auch schon nicht mehr als „Foreign students“, zu denen hauptsächlich ERASMUS-Studenten aus Spanien oder Ungarn gehören, und erhalten keine Vorteile oder Begünstigungen mehr. Dass diese Regelung keine Probleme darstellt, zeigt die hohe Anzahl deutscher Studenten, die jedes Jahr in den Niederlanden ihren Bachelor abschließen. Unterstützt wird die Gleichsetzung der deutschen Studenten mit den niederländischen auch durch die Tatsache, dass ab dem zweiten Jahr die dominierende Sprache in Vorlesungen und Hausarbeiten Englisch ist. Da viele Wildlife Manager später international tätig sind, ist das aber nur von Vorteil.

Was fängt man mit dem Studium „Wildlife Management“ an?

Wenn mich jemand fragt, was ich studiere, sage ich erstmal: „Tiermanagement“. Die Reaktion darauf lautet meistens wie folgt: „Wie heißt dein Studium genau? Was bedeutet das? Wo arbeitest du dann später?“

Das sind die Fragen, die ich seit fast drei Jahren regelmäßig gestellt bekomme. Meine Antwort auf die drei Fragen besteht auch aus drei kurzen Sätzen: „Wildlife Managament. Artenschutz. Im Management einer Organisation für Mensch, Tier und Natur.“ Die meisten geben sich damit zufrieden. Doch, wer weiter nachfragt, der bekommt dann die Begeisterung eines Wildlife Managers zu spüren und wird über alle Arbeitsgebiete informiert, von der Beziehung zwischen Mensch und Wildlife, über kulturelle Schwierigkeiten, über Politik und Management, bis hin zum Klimawandel und bedrohten Arten. Wer dann immer noch mehr wissen will, den verweise ich direkt an die Fachhochschule „Van Hall Larenstein“ in Leeuwarden, Niederlande, um sich vor Ort über diesen außergewöhnlichen Studiengang zu informieren. Weitere Informationen bekommen Sie hier.

Ein Studium mit viel Praxisnähe: „Wildlife Management“

Mein Studium „Wildlife Management“ ist, genau gesehen, ein von mir gewählter Schwerpunkt, der zu dem Studium „Tiermanagement“ gehört. Wer „Tiermanagement“ studiert, hat die Möglichkeit in viele verschiedene Richtungen zu gehen; in die „Tiergestützte Therapie“, das „Pferdemanagement“ oder eben ins „Wildlife Management“. Das Studium an sich dauert vier Jahre, ist aber ein regulärer Bachelorstudiengang, in dem zwei fünf-monatige Praktika eingeplant sind. Das erste davon absolviert man schon am Ende des 2. Jahres, um sich zu orientieren und dann seinen Schwerpunkt wählen zu können, auf den man sich ab dem 3. Jahr konzentriert.

Mein Schwerpunkt „Wildlife Management“ bietet neben, für einen Deutschen ungewöhnlich viel Gruppenarbeit, auch eine Vielzahl an eintägigen Exkursionen, Versuchen im Labor und Feldwochen, in denen eigens ausgearbeitete Forschungsprojekte ausgeführt werden.

Auslandspraktikum in Kambodscha

Im Winter 2011 bin ich im Rahmen meines ersten Praktikums nach Kambodscha gereist und habe dort fünf Monate in der Wildtierauffangstation „Angkor Centre for Conservation of Biodiversity“ (ACCB) im Phnom Kulen Nationalpark verbracht. Da das Van Hall Larenstein und das ACCB schon seit geraumer Zeit Kontakte pflegen und bereits ausgelernte Wildlife Manager vom Van Hall Larenstein in der Organisation arbeiten, stellte es kein Problem dar, diesen Platz zu bekommen.

Normalerweise wird mit Kambodscha der Diktator Pol Pot oder die Tempelanlage Angkor Wat assoziiert, aber wohl eher weniger den „Fleckenmusang“ oder die „Blindwühle“. Dies sind nur Beispiele der zahlreichen, unbekannten, aber stark bedrohten Tierarten in Südostasien. Das ACCB ist Kambodschas erstes Naturschutz-, Auffang- und Zuchtzentrum für bedrohte Arten und widmet sich seit dem Jahr 2003 dem Schutz einheimischer Tierarten.

Der Beitrag des ACCBs zu der Erhaltung von Kambodschas Wildlife

Kambodschas Natur leidet vor allem unter Regenwaldkahlschlag für Plantagen, unter einem unterentwickelten Bildungswesen und unter dem Wildtierhandel. Das ACCB nimmt beschlagnahmte Tierarten auf, um diese zu rehabilitieren und gegebenfalls wieder auszuwildern. Außerdem züchtet es bestimmte bedrohte Tierarten und versucht, damit stabile Populationen aufzubauen, um diese später an geeigneten Orten wieder anzusiedeln oder um bereits existierende freilebende Populationen aufzustocken. Des Weiteren unterstützt und entwickelt es selber Natuschutz- und Forschungsprojekte mit freilebenden Populationen , sogenannte in situ-Projekte.

Sundamarabus

Im ACCB häuft sich täglich massenweise Arbeit an und da das Center relativ wenig Mitarbeiter hat, geht jeder strikt seiner eigenen Tätigkeit nach und es ist nicht viel Zeit für Praktikanten vorhanden. Deshalb war Unabhängigkeit und Selbständigkeit gefragt: es musste ein Projekt sein, mit dem der Praktikant die Arbeit des ACCBs unterstützt, aber alleine daran arbeiten kann.
Das ACCB hat bereits seit längerer Zeit einen Studenten gesucht, der überprüft, ob sich das Verhalten von Sundamarabus durch einen auf dem Rücken befestigten Sender verändert.
Sundamarabus gehören zu der Familie der Störche und sind mit den afrikanischen Marabus verwandt, die meist eher bekannt sind als ihre asiatischen Vertreter. Die Vögel haben eine Körperlänge von 110-120 cm und eine Flügelspannweite von 210 cm. Durch den Verlust von Brutgebieten und die fortschreitende Zerstörung der tropischen Feuchtgebiete wird die Art von der „International Union for Conservation of Nature (IUCN)“ als gefährdet eingestuft.
Das Senderprojekt, das mir vorgeschlagen wurde, ist von großem Belang, da die 20-köpfige Sundamarabupopulation des ACCBs in naher Zukunft mit GPS-Sendern ausgewildert werden soll, um ökologische Daten zu erhalten, die zu dem Schutz der Marabus beitragen könnten. Ein unpassendes Geschirr für die Sender oder ein negativer Einfluss des Senders auf das Flug– oder Paarungsverhalten der Vögel, könnte tiefgreifende Folgen für die Erhaltung der Art haben, weshalb es nötig war, im vornherein abzuschätzen, wie die Vögel auf den Sender reagieren.

Mein Forschungsprojekt: Werden Sundamarabus „Leptoptilos javanicus“ durch Sender auf ihrem Rücken beeinträchtigt?

Um den Einfluss der Sender auf die Vögel rauszufinden, habe ich eine Gruppe von 14 Vögeln in eine Kontrollgruppe und eine Experimentgruppe aufgeteilt, die jeweils aus sieben Tieren bestanden. Über diese Vögel habe ich neun Wochen lang vier Stunden am Tag Verhaltensdaten gesammelt, wobei die Experimentgruppe von der vierten bis zur einschließlich sechsten Woche Sender auf den Rücken befestigt bekommen hat. Die Kontrollgruppe blieb die ganzen neun Wochen über unbehandelt. Diese Daten konnten anschließend miteinander verglichen werden.
Am Ende meines Projektes und nach zahlreichen statistischen Tests, konnte ich sagen, dass die Sender tatsächlich messbaren Einfluss auf das Verhalten der Vögel hatten, aber dass dieser das Wohlergehen der Vögel nicht negativ beeinflusste. Mit diesem Projekt konnte ich einen kleinen Beitrag zu der Erhaltung bedrohter Arten beitragen – die Auswilderung der Sundamarabus mit den GPS-Sendern ist jetzt in Planung.

Meine persönlichen Erfahrungen in Kambodscha und im ACCB

Kambodscha hat nicht nur wegen seiner letzten unberührten Flecken Regenwaldes und all der seltenen Tierarten so eine extreme Anziehungskraft, auch die Geschichte des Landes und dessen Einheimische, die Khmer, haben mich sehr interessiert. Aufgrund meines Projektes habe ich sehr viel mit den Tierpflegern des ACCBs zusammengearbeitet, die alle aus Kambodscha stammten, und habe nur herzliche, ausgeglichene und hilfsbereite Menschen angetroffen.
Die in Kambodscha weitverbreitete Armut und die zahlreichen, verstümmelten Menschen, die Opfer der Minen geworden sind, die die Roten Khmer gelegt haben, sind nicht zu übersehen. Da ich aber so viele andere Menschen getroffen habe, die sich für Minenopfer und Straßenkinder einsetzen, erscheint einem die „dunkle Seite Kambodschas“ nicht als auswegslos.
Das ACCB trägt auch im Bereich der Umweltbildung für die umliegenden Gemeinden, zum Beispiel in Form von Unterricht für die Dorfschulen, seinen Teil dazu bei. 
Ich hatte das Gefühl während der fünf Monate sehr gefordert zu werden, ob es nun Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, Eigenmotivation oder Organisation war, die mich teilweise haben verzweifeln lassen. Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich gerade dadurch ungemein viel gelernt habe, und wenn es tatsächlich Punkte gab, an denen ich überhaupt nicht weiter kam, dann gab es so viele freundliche Menschen im ACCB, die immer bereit waren, doch ihre kostbare Zeit der Praktikantin zu widmen.

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