Wieder einmal zeigte sich das bekannte Muster eines Filmfestivals: Die Presse wählt ihre Favoriten, meist ordentliche, aber nicht besonders ambitionierte Filme von meist etablierten Regisseuren und am Ende gewinnt ein Film, den niemand auf der Rechnung hatte. Wenn es im diesjährigen Wettbewerb von Venedig so etwas wie einen Favoriten gab war das Stephen Frears eher nach TV-Movie aussehender The Queen und Emilio Estevez Bobby, der Versuch einen Robert Altman-Film über den Tag zu drehen an dem Bobby Kennedy starb. Während Frears Film immerhin noch mit den Preisen für das beste Drehbuch und die beste Hauptdarstellerin (Helen Mirren) nach Hause gehen konnte, ging Bobby leer aus. Überraschender Sieger der 63. Mostra war ein Film, der als allerletzter überhaupt in den Wettbewerb rutschte. In Sanxia Haoren (Still Life), des selbst in Cineastenkreisen kaum bekannten chinesischen Regisseur Jia Zhang-Ke geht es um einen Mann, der nach 16 Jahren wieder in seine Heimat zurückkehrt und feststellen muss, wie der Bau des Dreischluchten-Staudamms sein Heimatdorf zerstört hat. Bleibt zu hoffen, dass diese Auszeichnung dafür sorgt, dass endlich einmal ein Film von Jia Zhang-Ke in die deutschen Kinos kommt.
Diese Sorge muss man bei den amerikanischen Filmen Hollywoodland und Children of Men nicht haben. Für ersteren bekam der viel gescholtene Ben Affleck die Auszeichnung als Bester Schauspieler. In dem Neo-Noir spielt er George Reeves, den ersten Darsteller des Supermans, der in den 50er Jahren auf mysteriöse Weise ums Leben kam. Für Alfonso Cuarons Endzeitvision über eine Welt, in der keine Kinder mehr geboren werden erhielt Kameramann Emanuel Lubezki den Preis für eine herausragende technische Leistung. Altmeister Alain Resnais wurde für Coeurs mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. Den Spezialpreis der Jury erhielt der aus dem Tschad stammende Mahamat-Saleh Haroun für seinen Film Daratt, ein Spezialpreis für Innovationen in der Filmsprache ging an Jean-Marie Straub und Danièle Huillet, den Preis für den besten jungen Schauspieler erhielt Islid Le Besco für seine Darstellung in Benoit Jacquots L’intouchable. Und schließlich wurde das Land des Gastgebers mit einem Preis bedacht: Emanuele Crialeses Film Nuovomondo erhielt die Auszeichnung für die größte Entdeckung,