Rebecca Abe lässt uns in das Leben der Fugger eintauchen
Als der schwerreiche Anton Fugger Ende des 16.Jahrhunderts stirbt, soll das riesige Vermögen an alle Nachkommen gleichmäßig verteilt werden. Allerdings passt es dem kinderlosen Christoph nicht, dass sein Bruder Georg sich nicht ums Geschäft kümmert und zudem auch noch ein Dutzend Kinder hat. Um ein größeres Stück vom Kuchen abzubekommen, trifft Christoph heimlich mit dem Jesuiten Canisius ein „teuflisches“ Abkommen. Er soll aus der lutheranischen Mutter eine fromme Katholikin machen und alle Kinder seines Bruders Georg ins Kloster bringen lassen, um die Zahl der Erben zu dezimieren.
Die Trägodie wird eingeläutet als ein als Teufel verkleideter Eindringling das Dienstmädchen und Ersatzmutter der Fuggerkinder, Schellebelle, schändet und die zweitälteste Tochter Anna Zeugin dieses Komplotts wird. Der Jesuit und Exorzist Canisius übernimmt sofort die Oberhand und lässt Schellebelle kurzerhand als Teufelsbuhlin einsperren und verurteilen. Die heranwachsende Anna kennt die Wahrheit und wendet sich an ihre Eltern um Schellebelle zu retten, wird aber nicht ernst genommen. Der Vater Georg geht völlig in seiner eigenen Welt der alchemistischen Experimente und Erfindungen auf. Zwar fördert er die Ausbildung all seiner Kinder, zieht sich aber sehr in seine eigene Welt zurück. Die standesbewusste und etwas hochmütige Mutter Ursula fühlt sich in ihrer Mutterrolle fremd und gleichgültig.
Und so steht Anna mit ihren Sorgen und Ängsten allein da. Als klügste der Fuggerkinder erkennt sie zwar Canisius‘ Absicht, alle Kinder ins Kloster wegzusperren, ahnt aber nichts von den wahren Hintergründen. Im Kloster entwickelt Anna sich von einem künstlerisch-verträumten Mädchen zu einer eigenwilligen und selbstbewussten Frau, die sich in der Stille der Klosterzelle immer noch danach sehnt, an der Seite eines Mannes zu leben.
Im Labyrinth der Fugger – ein spannender historischer Thriller
Die Geschichte wird größtenteils aus der Perspektive von Anna Jakobäa Fugger erzählt. Ein herrlicher Kontrast bietet der Anfang des Romans, in der für die Herstellung der Teufelskostüms erwählte Kürschner Kellenbenz die Fuggerwelt von außen beleuchtet. Man erhält Einblick in zwei völlig unterschiedliche Welten mit ihrer jeweils eigenen Sichtweise und Lebensart. Die Autorin Rebecca Abe schafft es mühelos den Leser völlig in beide Welten zu ziehen.
Es ist ihr gelungen, die Personen, das Leben dieser Zeit und die Umgebung so lebendig zu schildern, als wäre man dabei und würde es miterleben. Aus einer Vielzahl von unterschiedlichen gesellschaftlichen, religiösen und zeitbezogenen Fakten spinnt sie eine wunderbar konsistente Welt und lässt die Welt der Fugger detailgetreu vor den Augen der Lesern auferstehen und zieht sie in ihren Bann.
Ein wunderbarer Humor, mal fein, mal etwas offensichtlicher, zieht sich durch das Buch und lockert das schaurige Geschehen und die tiefen menschlichen Abgründe auf subtile und niveauvolle Art und Weise auf. Die feinfühlige Charakterzeichnung mit liebevollen Details, deren Charaktere einem gut im Gedächtnis bleiben, ist sehr gut gelungen. Unvergesslich bleibt der herrliche Schlagabtausch zwischen den Fuggerbrüdern sowie unter den anderen Charakteren.
Rebecca Abe ist er hier gelungen, einen unterhaltenden, informativen und spannenden historischen Thriller zu schreiben und kommt völlig ohne die für dieses Gebiet oft anzutreffende künstliche Effekthascherei aus. Ich kann das Buch uneingeschränkt weiter empfehlen!
Im Labyrinth der Fugger von Rebecca Abe ist am 7. März 2011 bei Gmeiner erschienen. Das Buch hat 466 Seiten und kostet 12,90 €.
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