Heimat stückchenweise

Schon Harald Schmidt zitiert auf seiner Tour Hansi Hinterseer (LivemitSchmidt, 2005) „Heimat ist, wo dich der Nachbar grüsst". Heimat impliziert hier den Ort, an dem man geboren wurde und aufwuchs. Oder an dem man seit Jahren wohnt, den Garten pflegt und mit dem Nachbarn plaudert.

In dem Kapitel betitelt „Fliegende Bauten" wird sich Juli Zeh zunächst bewusst, wie stark der Begriff Heimat von den Medien vereinnahmt wurde. Automatisch denkt sie an „schwankende Grashalme einer ungemähten Wiese im Wind, die Abendsonne" (96) und ähnliche romantische Bilder. Die Verortung spielt im Zeitalter der Globalisierung allerdings keine grosse Rolle mehr. Heimat ist „vielmehr eine Sehnsucht oder Erinnerung (…). Sie ist Liebe, Vetrauen, Sprache, Religion, das Verbundenheitsgefühl zu Menschen (…)." (97)

Demnach kann man sich eine Heimat jederzeit wieder aufbauen. Man trägt sie sozusagen in sich und mit sich herum (Religion). Im Ausland kann die eigene Sprache durch Lektüre und Filme erhalten werden. Das Denken stellt sich schnell um. Besonders beim Zählen wechselt das Gehirn schnell zu ‚one, two, three' oder ‚un, deux, trois'. Ein kleiner ‚Heimatkreis' kann aufgebaut werden im Arbeitsumfeld, wo man idealerweise auf Menschen trifft, mit denen einem ähnliche Interessen und Fähigkeiten verbinden. Ein Stück Heimat begegnet mir, wenn ich hier in Cambridge, im Fogg Museum Bilder von Munch, Picasso, Monet, Manet und Léger betrachte – ein Stück Europa versammelt in einem Raum.

Bei Auslandsaufenthalten, zu Studienzwecken oder für Reisen, ist das Gepäck ja eher leicht. Nach Amerika kann man von Europa aus zwei Koffer aufgeben, bis zu je 32 kg. Passen da die Lieblingsbücher von Juli Zeh, Achmatova, Kundera rein? Nein, die kann man sich gut in der Bibliothek ausleihen. Ich habe meine Teetasse eingepackt, Fotos von meiner Familie, Cds, meine Füller, für die es hier nur in einem Spezial-Schreibwarengeschäft Patronen gibt. Was ich nicht einpacken musste ist der Fluss, der die Städte teilt/durchfliesst, in denen ich bisher wohnte. Der Charles River hier ist für mich Elbe und Pleisse, Kama und Spree. Ein Stück Heimat Tausende Meilen entfernt von dem Ort, an dem meine Eltern-Heimat sich befindet.

16 Meinungen

  1. Also, falls diese Meldung kein Joke ist, ist dieses keine Satire. Ist es dagegen ein Joke, ist es aber auch keine. Schuster bleib bei deinen Leisten! So. Jetzt darfst Du meine Artikel zur Sau machen …

  2. Erstmals wohl in der New Deli Times, dann BBC, später als Agenturmeldung dpa usw.Die Historie der Meldung in D-Land:21.08. Die Presse.com http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=c&ressort=c&id=57980122. 08. habe ich im TAZ-Hitler-Blog den Fund im Kommentar denunziert: http://taz.de/blogs/hitlerblog/2006/08/21/i-love-adolf/#commentsAuch Riesemaschine hatte die News bereits: http://riesenmaschine.de/index.html?nr=20060822063023&kommentare=anzeigen#1Dann im TAZ-Hitler-Blog am 23.08. veröffentlicht: http://taz.de/blogs/hitlerblog/2006/08/23/von-kleinen-bissen-und-groser-freude/Und dann praktisch überall, SpO, Focus, Zeit, Stern usw.

  3. Da brauche ich mich ja nicht wundern. „Überall“ habe ich nämlich garnicht gelesen …

  4. Ach man muss es bloß vor SpOn haben, das genügt 😉

  5. Also ich versteh‘ die Aufregung nicht – der Chinese hier nebenan hat auch „Nazi Goering“ auf der Karte und kein Schwein regt sich auf. Aber okay, die Schweine hier sind vermutlich alle so vergammelt, dass ihnen die Aufregung auch nichts mehr nuetzen wuerde. Oder gibt es schon Studien, die belegen, dass ein erhoehter Adrenalinpegel die Haltbarkeit von Frischfleisch in den Sommermonaten auch ungekuehlt drastisch verlaengert?-m*sh-

  6. Schwein a la Göring wird aber immerhin mit Morphium gereicht, da schmeckt das Alter nicht mehr so durch und überhaupt die Fettkruste…hmmmmm Leckerschmecker!

  7. Morphium ??!!? Aaaargh, ich hab‘ ja keine Ahnung was man derzeit fuer eine anstaendige Droehnung dieser Art bezahlt, aber fuer das gemeine Fussvolk wie mich bleibt meist nur Strohrum von ALDI als Beilage fuer allzu fettes Fleisch von der Freibank.Auch wenn man mit Alkohol Lebensmittel laenger haltbar machen kann, bezweifle ich doch stark, dass es hilft, mein kuemmerliches Restleben zu expandieren – oder zumindest mein Haltbarkeitsdatum ein wenig aufzupeppen.-m*sh-

  8. Irgendwie macht das Thema assoziationslustig, wie wär’s mit dieser Schlagzeile: „Gammelfleischskandal auf dem Oktoberfest – Nach einem Uschi Glasnost-Besuch im Käferbein-Zelt ließ das bayrische Sondereinsatzkommando „Lebensmittelsicherheit“ unter dem Kommando von Bullenfleischerkommissar Ottfried Pfischer gleich dreizehn Geflügelbratereien räumen. O-Ton Verona Pott: “Einfach schlimm! Unter der Dirndlgarnitur schimmerte die faltig Schwarte, igitt“ Frau Pott war zuvor selbst von einem entsetzten Gast mit den Worten „Das Huhn ist noch nicht durch!“ retourniert worden.Wiesen-Kenner sind sich einig: Die Ära „Silbergilzereisen“ ist nur der Anfang vom Ende der Münchner Altfleischveredelung, denn Schöntrinken klappt auch zuhause – bloß preiswerter. (Namen ohne jede Ähnlichkeit, fremde Gedanken sind von der Haftung ausgeschlossen)

  9. Hihi, seit meinem letzten Posting habe ich (ohne Witz), 1/4 Kalb frisch vom Bauer in kleine Stuecke geschnitten. Wir basteln uns naemlich jetzt unser Gammelfleisch selber. Und wer weiss, sobald ich das mit dem Kochen dann auch noch gelernt habe, mach‘ ich vielleicht auch so eine edle Gaststaette auf, deren Namen ich mir zuvor selbstvertuerlich als Marke schuetzen lasse. Vielleicht „Gammler’s Inn“ oder „Rotten Dot Komm“. Koennte mir aber auch einen Namen mit politischen Anspielungen vorstellen: „Zum Seehof“[Puh, endlich die Kurve zum Topic wieder bekommen]hit any key 2 continue-m*sh-

  10. Schoener Beitrag! Vielleicht vereint die Heimat das beste aller Welten im Kopf und waechst gleichzeitig mit der Lebenserfahrung. ‚Tatort‘ auf http://www.shift.tv und der wehmuetige Blick in Amerika-Bildbaende waehrend des ‚Heimaturlaubes‘ (in und von der Heimat) in Deutschland kommen dem recht nahe …

  11. American Robin

    Hallo Markus,das ist ein interessanter Gedanke: was man unter Heimat versteht, waechst mit der Lebenserfahrung …hm… und waechst mit der Anzahl der Reisen, die man unternimmt. Eine Reise innerhalb der USA, an die Westkueste, erinnert mich an die Strandurlaube waehrend meiner Kindheit. Da fuehlt man sich gleich nicht mehr so fremd und neu. Danke!American Robin

  12. Sowas kann einen eigentlich nur wundern, wenn man noch nicht in Indien war. Das einzige was die Bewohner dieses riesigen Schwellenlandes zählt ist wirtschaftliche Stärke. Woher sie kommt und wie sie bezahlt werden muss scheint ihnen egal zu sein. Meine Gesprächspartner waren sich also einig, A.H. hätte sich um Deutschland verdient gemacht indem er das Land vom wirtschaftlichen Ruin zur beinahe Weltmacht geführt habe. Ich für meinen Teil bin die Diskussion satt!

  13. Oh man das is echt krass… Ein Stalin-Schnitzel bitte…

  14. Kinder und besonders Mädchen lieben Pferdegeschichten. Meine große Tochter wurde gerade 12 und neben Wünschen einer Pubertierenden gehörten auch ganz klassische Pferdebücher teilweise im 5. Band dazu! Da freut man sich als Mutter doch, dass das Kind soviel liest… Finde, dass die Story oben ganz spannend klingt . Knappe 5€ macht das Buch auch zu einem netten Mitbringsel…

  15. Lixfeld-Feddersen

    Allemal geschmacklos, keine Frage.

    Es bietet sich aber ein Gleichnis an: Was sagt wohl ein durch die mit blindem Aktionismus betriebene Verstaatlichung geschädigter Argentinier zu all den Che Guevara- Bildern auf deutschen Taschen, T-Shirts und Postern? Ein Peiniger wird zum Helden- In einem Teil der Welt, der vom Konflikt unberührt blieb.

    So ist es mit dem Personenkult: Die einen betreiben ihn, die anderen kennen die Hintergründe…

  16. Ich finde das Buch sehr gut und würde es weiter empfehlen.
    Ich mag mehr exemplare

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