Ein plötzlicher Todesfall: Sozialkritik aus der Feder von Joanne K. Rowling

Über 30 Millionen Mal haben sich die Bücher über den kleinen Zauberlehrling allein in Deutschland verkauft, weltweit erreichten Sie rund 450 Millionen Leser – übersetzt in 73 Sprachen. An einen solchen Erfolg überhaupt nur anknüpfen zu wollen, ist regelrecht utopisch. Vielleicht ist das ein Grund dafür, warum sich Joanne K. Rowling mit „Ein plötzlicher Todesfall“ einer ganz anderen Sparte der Literatur zugewandt hat: der sozialkritischen.

Sozialkritik ist nicht jedermanns Sache

Und wieder geht es um Jugendliche. Und um eine Kleinstadt, deren harmloser, sauberer Schein trügt. Die allerdings mitsamt ihren sehr überspitzt gezeichneten Figuren eher wie die Truman-Show als wie ein wahrer Ort irgendwo in Großbritannien wirkt. Pagford und sein sozialer Brennpunkt Fields, der Tod eines Gemeinderatmitglieds und welche Auswirkungen dieser auf allen gesellschaftlichen Ebenen hat: Das ist die Basis für über 570 Seiten, in denen sich die Autorin gelegentlich reichlich verliert und sich der Leser nicht nur verloren, sondern auch ein bisschen veräppelt vorkommt. Denn vieles ist zu vorhersehbar, nur weniges wirklich überraschend und manches eher peinlich als gut platziert.

Ein junges Mädchen ist die tragischste aller Figuren

Die Kluft zwischen Arm und Reich, der Stempel, den die eigene Herkunft einem unweigerlich aufdrückt, das sind die Themen, denen sich J. K. Rowling in ihrem ersten Erwachsenenroman gewidmet hat. Der charismatische Barry Fairbrothers hat immer hart gekämpft für den Erhalt zweier umstrittener Projekte, einer Sozialbausiedlung sowie einer Drogenklinik und sein plötzlicher Tod weckt Hoffnung auf der Seite der Gegner und Verzweiflung auf der Seite seiner Mitstreiter. Und da es nicht mehr nur um Gebäude, sondern letztendlich eben um die Menschen, die dort wohnen, geht, zieht das Ganze weite Kreise. Krystal Weedon ist einer dieser Menschen. Die schwer zugängliche 16-Jährige ist als wichtiges Mitglied von Fairbrothers Ruderteam aufgeblüht und genauso schnell in sozialer Hinsicht wieder verblüht als dieser starb. Das Selbstbewusstsein, das Krystal nach außen hin an den Tag legt, ihre Rotzigkeit und ihr Trotz – hinter all dem versteckt sich ein Mädchen, das unter der drogensüchtigen Mutter und der Verwahrlosung ihres kleinen Bruders leidet, das nach Liebe sucht und Lieblosigkeit erntet. Krystal ist die einzige Figur, der es wirklich gelingt, den Leser einzufangen.

J.K.Rowling wird mit diesem Buch nicht an ihre Erfolge anknüpfen können

Die meisten der anderen Hauptfiguren – und davon gibt es viele – heischen lediglich nach unserem Mitleid, so manch eine, vor allem jene überforderten Eltern-Figuren, möchte man auch mal aus dem Buch nehmen und kräftig schütteln, damit ihnen die Augen aufgehen. Vorurteile, Ignoranz, Gefühlskälte und Persönlichkeiten, die einen regelrecht anwidern – die Weltklasseautorin hat sich mit „Ein plötzlicher Todesfall“ auf ein ziemlich dünnes Eis begeben. Und so viel Talent sie im phantastischen Bereich auch hat – dieser Roman ist sicher kein Meisterwerk.

J. K. Rowling: Ein plötzlicher Todesfall – erschienen bei Carlsen in gebundener Form im September 2012, zu haben für 24,90 Euro.

2 Meinungen

  1. Sicher wieder ein Superbuch aus der Hand der Harry Potter Schriftstellerin. Meine Mutter wünscht sich dieses Buch zu Weihnachten und ich erfülle ihr diesen Wunsch sehr gerne. Ich werde das Buch anschließend auch lesen. Hoffentlich hält das Buch, was es auf dem ersten Blick verspricht. Danke für den Beitrag,

    Michael Müller

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