Eine Gesamtschule im südenglischen Gosport, die als Hochburg der Schulschwänzer zu zweifelhaften Ehren gekommen ist, will ihre Unterrichtszeiten laut SpOn auf den 24-Stunden-Betrieb aufweiten. Wer will, kann morgens kommen. Wer nicht will, kann nachmittags oder abends kommen oder online lernen, wann er will. Wer gar nichts will, fällt eben durch. In Gosport wird ohnehin schon nicht mehr die Prozentzahl derer genannt, die durchfallen, sondern die der Absolventen. Danach schaffen es in Gosport gerade einmal 19 Prozent der Schüler zum Abschluss der zehnten Klasse.
Offenbar um die Schließung ihrer katastrophalen Einrichtung (mit ungeahnten Folgen für die eigenen Biografie) zu vermeiden, hat die Schulleiterin Cheryl Heron nun publikumswirksam ihre Innovationskraft in den Ring geworfen. Ihre Argumente sind bemerkenswert. So sprächen einige Menschen eben einfach nicht auf Unterricht am Morgen an (??!!). Andere führen halt mitten im Jahr in den Urlaub (??!!!) und könnten daher ebenfalls nicht an den Präsenzveranstaltungen teilnehmen. Wieder andere müssten vormittags auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen (??!!!) und könnten von daher nicht zur Schule gehen. Und in anderen Familien würde eben kein Wert auf Bildung gelegt.
Ja, ist es denn wahr? Weil sich Eltern und Schüler regelwidrig verhalten, werden die Regeln geändert?? Wo soll denn derartiges noch hinführen? Wenn genügend Menschen nicht mehr an roten Ampeln halten, schaffen wir die dann ab? Flexibilisierung des Straßenverkehrs nennen wir das dann? Inkonsequenz treibt seltsame Blüten!
(Fotoquelle: www.pixelquelle.de / Fotograf: promifotos.de)
Hat es einen besonderen Grund, dass die Quelle nicht genannt wird?Zitat:“Zunächst startet eine Testphase im kleinen Kreis. Ab September 2007 sollen dann alle Fächer und Arbeitsgruppen zwischen 7 und 22 Uhr angeboten werden, ganz traditionell im Klassenraum. Nachts soll ein Online-Tutorium den Lehrer aus Fleisch und Blut ersetzen.“-> http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,440650,00.htmlErwähnen könnte man auch noch, dass sich die Zahl von 19% erfolgreicher AbsolventInnen auf das Jahr 2001 bezieht und sich immerhin auf 35% erhöht hat, indem Klassen nicht mehr nach Alter, sondern nach Leistung zusammengestellt wurden.
@Moe: Zitat aus meinem obigen Beitrag: .. will ihre Unterrichtszeiten laut SpOn ..Damit ist die Quelle genannt. Nur das Verlinken habe ich vergessen.Was wollen Sie im Weiteren mit Ihrem Kommentar sagen? Dass das ein tolles Modell ist? Dass es nicht das Versagen eines anderswo funktionierenden Schulgebildes ist, oder was?
Noch kurz was Inhaltliches hinterher: Bestimmt wird der durchschnittliche Schüler gern und häufig in der Nacht den Fernlehrgang aufrufen.
Damit will ich sagen, dass wir hier anscheinend eine Schule in einer anhaltend extremen Situation haben, über die wir im Artikel nur relativ wenig erfahren. Anscheinend bedient sich die Schule um dieser Situation zu begegnen eher unkonventioneller Massnahmen, welche immerhin in den letzten Jahren einen gewissen Erfolg gehabt zu haben scheinen – auch wenn dies aus Ihrem Artikel nicht hervor geht. Das muss ja nicht heissen, dass es nicht auch andere (bessere?) Lösungen geben kann, aber Sie zeigen jedenfalls keine auf.Der schlimmste Fehler den man tun kann wäre wohl, gar nichts zu tun. Wenn ich Sie richtig verstehe fordern Sie genau das, und verweisen dabei auf absolute Regeln. Dass diese in einer Extremsituation nicht greifen, scheint auf der Hand zu liegen. Es sei denn, es läge – wie es unterschwellig aus ihrem Artikel heraus klingt – ausnahmslos am Personal bzw der Administration der Schule. Dieser Schluss lässt sich aufgrund des inhaltlich eher mageren Artikels meines Erachtens nach nicht ziehen, da wir viel zu wenig Information über die Schülerschaft, das Umfeld der Schule, usw. haben.Der Verweis darauf, dass das „Schulgebilde“ anderswo doch auch funktioniert, scheint hier wenig zu helfen. Abgesehen davon, dass das Vorgehen ja auch mit der Schulbehörde abgestimmt zu sein scheint, und dass es sich derweil noch um ein Experiment („Testphase im kleinen Kreis“) handelt, was Sie aber auch nicht erwähnt haben.
(Vielleicht könnte man bei der Gelegenheit auch mal die Uhr auf diesem Server richtig stellen, ich schrieb den Kommentar gegen 1407 Uhr, nicht um 1354, wie es oben angegeben wird.)
Verehrter Moe!Zunächst einmal darf ich darauf hinweisen, dass das Blogformat nicht erfunden wurde, um Nachrichtenmagazinen Konkurrenz zu machen. Die von Ihnen mehrfach in meinem Beitrag vermisste informatorische Tiefe finden Sie bei SpOn zu dem Thema. Ich setze lediglich meinungsäußernd darauf auf, was letztlich dem Sinn der Bloggerei entspricht. Da es sich eben um Bloggen handelt, bin ich auch nicht zu politisch korrekter Neutralität und/oder Abwägung jedweder situationsbedingten Besonderheiten zu verpflichten, noch ist dies zu erwarten.Zu guter Letzt: Ich fordere nicht, nichts zu tun. Ich fordere Konsequenz (siehe auch Beitragstitel). Wenn es eine Schulpflicht gibt, dann ist diese umzusetzen, sprich durchzusetzen. Die Unfähigkeit der Schulleitung, die nur eine subjektive sein kann, weil woanders diese Problematik nicht berichtet wird, kann doch nicht (im Sinne von sollte meiner Meinung nach nicht) dazu führen, dass Änderungen am System vorgenommen werden.
Ihre Meinung steht Ihnen ja auch frei, ich wäre der letzte der Ihnen diese Freiheit nehmen will!“Lediglich meinungsäußernd“ auf einen Artikel aufzusetzen entspricht in der Tat einer möglichen Nutzungsart von Weblogs, auch wenn diese in meinen Augen nicht mit dem von germanblogs proklamierten Ansprüchen wie“germanblogs ist ein Blognetzwerk für Qualitätsblogging. […] Alle Beiträge zeichnen sich durch anspruchsvolle, glaubwürdige und unabhängige Inhalte aus. Unsere Autoren sind ausschließlich Experten ihres Fachs – kompetent und begeistert.“einhergeht. Es hat gute Gründe, warum ich als Pädagoge zB nicht lediglich persönliche Meinungsäußerungen über sagen wir mal Betriebswirtschaft blogge, denn mir fehlt da einfach die Expertise, um eine einzelne Meinung dazu vehement zu vertreten, ohne andere Möglichkeiten oder Denkansätze aufzuzeigen und in Betracht zu ziehen. Ihren Schluß, die Situation an besagter Schule hinge eindimensional mit der Schulleitung zusammen, kann ich nicht im Geringsten nachvollziehen. Auch aus dem SpOn-Artikel gehen bei weitem nicht genug Informationen hervor, um diese Annahme zu rechtfertigen. Es scheint sich bei der Schülerschaft jedoch nicht um „otto-normal-Schüler“ zu handeln. Würden Sie eigentlich dasselbe über die Rütli-Schule sagen? (Was ist aus der eigentlich geworden..?)
@Moe.: Ich werde hier mit Ihnen keine Qualitätsdiskussion führen. Die liegt zu sehr im Auge des Betrachters.
Wenn Sie nicht auf meine inhaltlichen Rückfragen eingehen möchten und dies mit einer Verallgemeinerung hinsichtlich meines Uni-Abschlusses rechtfertigen (wobei es sich nicht um ein Studium des Lehramts handelt), dann gibts in der Tat wohl nichts mehr zu sagen.Eine allgmeinere „Qualitätsdiskussion“ liegt mir eigentlich fern, ich schrieb dies als Antwort auf Ihre Ausführungen zu Ihrem Blog-Stil.Den Teil Ihres Kommentars den Sie gelöscht haben und auf den ich mich hier auch beziehe, liefere ich der Transparanez halber nach:“Und Pädagogen haben ohnehin häufig einen bisweilen übersteigerten Qualitätsanspruch … an andere.Noch nie folgende Situation erlebt? Mensch A: „Was war das denn gerade für einer?“ Mensch B: „Lehrer…“ Mensch A: „Ach sooo.““
Die Qualitätsdiskussion habe nicht ich begonnen, verehrter Moe. Auch war nicht ich es, der mit Blick auf die Germanblogs-Ansprüche hier implizit Kompetenzen in Frage gestellt hat. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass ich seit über 10 Jahren in der Erwachsenenbildung tätig bin und in dieser Funktion bereits mehrfach zu Expertenrunden des Landtags NRW geladen war. Nicht zuletzt handelt es sich bei dem von mir entworfenen und umgesetzten Projekt Senioren OnLine um eines der größten Bildungsprojekte, welches in NRW jemals stattfand. Die von Ihnen nun wieder nachgereichte Anekdote habe ich gelöscht, nicht etwa weil ich nicht dazu stehen kann. Jeder kennt diese Vorfälle. Ich wollte schlicht nicht in die Eskalation gehen.
Dann verstehe ich nach wie vor Ihren Schluss nicht, es läge an der Unfähigkeit der Schulleitung, und dass diese subjektiv sei, da es an anderen Schule diese Probleme nicht gibt. Dazu müsste man meiner Ansicht nach viel mehr über den berichteten Fall wissen.Ihrer Forderung nach Erfüllung der Schulpflicht scheint besagte Schule ja nachzukommen, soweit es ihr möglich ist.
Das Schulsystem funktioniert grundsätzlich. Soweit wird wohl Einigkeit bestehen. Dieses System basiert auf verschiedenen, im Allgemeinen als sinnvoll erachteten Grundregeln. Dazu gehört nicht zuletzt die Präsenzpflicht. Dazu gehört die synchrone Wissensvermittlung an alle Klassenmitglieder. Dazu gehören weitere rechtliche Rahmenbedingungen und dazu gehört der allgemeine Wertekonsens zwischen Elternhaus und Schule. Gestört scheint mir hier einzig und allein der letzte Punkt zu sein. Und auch, wenn ich Ihnen insofern Recht gebe, als dass es für eine tiefere Beurteilung des Phänomens mehr Informationen bräuchte, bleibe ich bei meiner Bewertung. In der Theorie mag das 24-Stunden-System eine großartige Idee sein. In der Praxis, in der Eltern ihre Kinder nicht nur nicht schulisch unterstützen, sondern sie sogar bereits vom Schulbesuch abhalten, werden solche Modelle kläglich scheitern. Die Schule kann niemals gegen den Willen des Elternhauses wirken, nicht auf Dauer und nicht bei Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter. Daher lautet meine Forderung hier: Schulpflicht durchsetzen. Das klingt hart, ist aber im Zweifel sogar besser für die Kinder, die vielleicht eigentlich zur Schule gehen wollen, aber nicht gelassen werden.
Hinsichtlich des Durchsetzens der Präsenzpflicht habe ich meine Zweifel. Zwar weiss man nicht viel über die dortige Schülerschaft, doch haben Sie doch unlängst mit ihrer Geschichte von Zoran R. ein Beispiel gegeben welches zeigt, dass strukturelle Gewalt nicht immer funktioniert. Wie soll man das durchsetzen? Schüler einzeln mit der Polizei zur Schule fahren?Aber eine Präsenzpflicht scheint an der Schule ja nach wie vor zu bestehen, nur gibt es eben diesen Testlauf, welcher die synchrone Wissensvermittlung aufhebt.Schaut man sich mal historisch das Wesen von Schule an, so stellt sich ja auch die Frage ob die Vermittlung von Disziplin, soweit sie sich auf den Zwang nach festen, einheitlichen Orten und Zeiten bezieht, nicht ein Merkmal der Industrialisierung der Moderne ist, welches heutzutage weitaus weniger dem tatsächlichen Kontext von Arbeit in einer Wissensgesellschaft gerecht wird.Nach wie vor kann ich eigentlich nur erkennen, dass sich diese Schule anscheinend in einem extremen Umfeld befindet, und dass bisherige Massnahmen, wie etwa die Auflösung von nach Altersgruppen zugeordneten Klassen, die Quote der erfolgreichen Abschlüsse erhöht haben. Wie schon gesagt ergibt sich daraus nicht, dass es nicht andere, evtl auch bessere Wege geben kann. Dass es sich dabei aber um das Beharren auf den bisherigen Regelungen handelt, wage ich zu bezweifeln. Man könnte annehmen, dass dies in der Schule sogar zuerst so versucht wurde, bevor neue Wege eingeschlagen wurden. Dass das Schulamt derartigen Änderungen nämlich „einfach so“ zugestimmt hat, erscheint fraglich. Dazu müsste man aber wie gesagt mehr Informationen haben.
Lassen Sie uns das Projekt beobachten, dann sehen wir weiter. Momentan kann es kein Obsiegen einer Meinung geben.