Go Ganguro! – hieß es, als in den Neunzigern bis Anfang der Nuller Jahre immer größere Heerscharen von japanischen Mädchen (und eine Handvoll Jungs) begannen, sich die Haare zu blondieren, die Gesichter mit grellbuntem Makeup und neonleuchtenden Extensions aufzuhübschen und ihre Körper mit tonnenweise Selbstbräunungscremes zu überschütten…
Ganguro: Was ist das?
Bei Ganguro handelt es sich um einen japanischen Styling-Trend, der vor kaum zwei Dekaden erstmals in Shibuya, einem angesagten Jugendviertel in Tokio auftauchte. Der Begriff leitete sich her von „gan“ (japanisch für: Gesicht) sowie „kuro“ (schwarz). Der japanische Style zeichnet sich durch extrem gebräunte Haut sowie dazu im Kontrast sehr helles Augen-Make-Up aus. Außerdem werden die Lippen in zarten Pastelltönen geschminkt. Der wohl interessanteste Hingucker jedoch sind die stark gebleichten Haare in Goldblond- und Broncetönen, gerne noch upgedated mit knallbunten Extensions. Vom Stil her sind die Ganguros mit den Kongals verwandt, denn beide bedienen sich aus einem bunten Accessoire-Koffer mit Style-Elementen der gemeinsamen Gyara-Subkultur. Inspiration finden gerade die Mädels vor allem im amerikanischen Hip Hop und R&B, wo ihnen Beyoncé, Rihanna, Cassie & Co. ein Vorbild sind. Oft vergleicht man sie daher auch augenzwinkernd mit den California Valley Girls der Achtziger bzw. mit den Jersey Girls, die wohl als US-amerikanisches Pendant zu unseren Vorstadtmädchen aus Marzahn oder Köln Porz verstanden werden dürften. Auch an den aufgebretzelten Fjortis-Style aus Schweden fühlt man sich vielleicht entfernt erinnert. Dabei sind japanische Ganguros weniger saucool, als vielmehr vergnüglich und mutig lächelnd unterwegs: Sie sind offen, selbstbewusst und vielleicht sogar ein bißchen rebellisch.
Orange Girls: Selbstbräuner, Beta-Carotin, Wasserstoff und Lächeln
Der hemmungslose Gebrauch von Selbstbräunern und Beta-Carotin-Tabletten führt bei vielen Ganguromädchen zu diesem ganz speziellen Orangeton der Haut, der ihnen längst den Spitznamen Orange Girls einbrachte. Weil das japanische Mädchenmagazin „Egg“ die Bewegung maßgeblich mit Styling-Tipps befütterte, vermachte die Zeitschrift ihr zusätzlich die Bezeichnung Egg Girls. Mit Ganguro ist ein subkultureller Trend geboren, der weltweit für kritiklose Bewunderung aber auch Spott und Häme sorgte. Dabei galt nun endlich einmal nicht der furchtbare Blick gen Westen, jene zwanghafte Fixierung auf ein mitteleuropäisches Schönheitsideal, das makellose Hellhäutigkeit und Blauäugigkeit proklamierte. Ob man den Styling-Trend nun ästhetisch finden will, mag jeder selbst entscheiden. Eines lässt sich freilich kaum bestreiten: Mutig sind sie, die Ganguromädchen. Wenn auch vielleicht ein bißchen verstrahlt.
Werbung