Gut, warum nicht noch eine Sendung, die ums Essen geht, denn essen müssen wir alle. Aber möglichst gesund und ja nicht zuviel, sonst werden wir so dick wie die beiden Haupt-Figuren der Show. Und die haben es wirklich nicht leicht, müssen sie doch als schlechtes Beispiel herhalten für ungesunde Ernährung und was die mit uns macht. Wobei die Sache im Fall der beiden Wonneproppen nur die halbe Miete ist, schließlich sind die Gene, die sie von Mami und Papi mitbekommen haben, auch nicht von schlechten Eltern.
Mit einer Extra-Portion Zynismus
Wie dem auch sei, die Sprösslinge durchlaufen nun also ein Trainingsprogramm, bei dem sie von Drill-Inspektorin Alexa Iwan überwacht werden, die für jede Woche drei Regeln ausgibt, welche sowohl die Qualität der Nahrung als auch die des Familienlebens verbessern sollen. Abspecken durch Kommunikation also, der Magen bzw. sein Drumherum geht gewissermaßen durch die Liebe. Das ist im Prinzip ja alles sehr löblich, aber die Situationen, die die Sendung so heraufbeschwört, sind alles andere als appetitlich. Was soll man davon halten, wenn die beiden übergewichtigen Kinder beim bewegungstherapeutischen Himmel-und-Hölle-Spiel gefilmt und die Bilder dann auf der Tonspur von Henry Mancinis „Baby Elephant Walk“ untermalt werden? Wenn das nicht dreist ist, dann weiß ich auch nicht.
“You can get it if you really want“
Und dann geht’s in eine Kletteranlage, in der die Kinder auf Seilen und anderen Folterwerkzeugen von Baum zu Baum balancieren müssen und sich dabei vor Angst fast in die zugegebenermaßen eh schon prall gefüllten Hosen machen. Aber Spaß beiseite, lustig ist das beileibe nicht. Während Söhnchen die letzten Etappen des Parcours gar nicht erst mitmacht, quält sich seine Schwester, motiviert von den beruhigenden Worten des Vaters, zitternd und weinend durch. Denn, und das ist das Motto der Sendung, man muss nur wirklich wollen, dann kann man alles schaffen, sogar abnehmen, Dicke sind einfach nur willensschwach. Der hier propagierten Ellenbogengesellschaft gehört selbiger mal gehörig ins fitnessverzerrte Antlitz gerammt. Ich will beileibe nicht behaupten, ‚Fettleibigkeit’, besonders bei Kindern, sei kein gesundheitliches Problem, aber – wie adipös und nah am Altersdiabetes die Kleinen aus sein mögen – das gehört nicht ins Fernsehen, jedenfalls nicht zur Unterhaltung, nicht in dieser Form.
„The Big Boss Swan Brother“ oder: Iwan die Schreckliche
Den Rahmen der ganzen Horror-Show bilden die Meetings zwischen der Familie und bereits erwähnter Frau Iwan. Die „Gesundheitsexpertin“ (das traurige Schicksal des Begriffs „Experte“ weist ja erschreckende Ähnlichkeit auf mit dem des Begriffs „Promi“) empfängt die vier armen Tropfe in einem Besprechungszimmer, das anmutet wie eine ungesunde Mischung aus Nazi-Versuchslabor, CTU-Verhörraum und Gummizelle. Da steht sie dann, die Frau mit der Attitüde des „Big Boss“-Jurors Reiner Calmund (aber eben nicht mit dessen Figur) und der Aura einer Lagerkommandantin, bewertet die Fortschritte der Versuchsobjekte und teilt ihnen ihre neuen Aufgaben bzw. Regeln zu. Und dann – hier zeigt sich die hässliche Fratze des Formates besonders deutlich – erscheinen auf einem Bildschirm die auf der Basis einer „Prognose“ altgemorphten Gesichter der Kinder. Dabei gilt die einfache Regel: Je mehr Fortschritte die Eltern und ihre Kinder machen, d.h. je besser sie sich dem meiner Meinung nach fragwürdigen Gesundheitsideal anpassen, desto weniger ungesund und aufgedunsen sehen die Fotos aus. Die Bilder sprechen eine deutliche Sprache: „Ihr habt eure Zukunft in den wulstigen Händen. Ihr könnt es schaffen, ihr müsst nur wollen.“ Klar, das wird ein hartes Stück Arbeit, aber Arbeit, die macht ja bekanntlich frei.