Es ist noch gar nicht so sehr lange her, dass man sich nach jungen Männern umschaute, die einen Kinderwagen schoben. Heute ist es normal, sie mit Baby im Tragegurt oder -rucksack ausgerüstet durch Supermarkt und Stadtpark schlendern zu sehen. Jetzt ist die Generation der über Fünfzigjährigen der Hingucker, denn niemand weiß genau, ob sie ihre Enkel oder die eigenen Sprösslinge an der Hand halten. Eigentlich wäre es auch egal, wenn Mensch nicht immer wieder nach Normen suchen würde, die für alle gelten. Oder gibt es tatsächlich sinnvolle Regeln, die zum Beispiel Einfluss auf gesunden Nachwuchs haben?
Vater über 50
Viele der prominenten und nicht prominenten älteren Väter sprechen davon, dass sie im reiferen Alter bewusster ihr Vaterglück wahrnehmen und entsprechend bessere Papas sind. Ihre Beziehung zum Nachwuchs ist intensiver, sie haben beruflich vieles geschafft und gönnen ihren – meist jüngeren – Frauen den engagierten Einsatz im Beruf. Vielleicht klettern nicht alle der grauhaarigen Männer auf Kinderspielplätzen mit den Sprösslingen herum, vielleicht sind sie schneller außer Atem beim Herumtoben, doch machen sie das mit besagtem intensiven Erleben wieder wett. Was also ist für die Gesellschaft so interessant oder zweifelhaft an einem Vater über 50? Zumal ihre Zahl stetig anwächst. Mittlerweile hat der Vater jedes 20. Neugeborenen bereits ein Halbjahrhundert Leben hinter sich. Eine vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebene Studie („Facetten der Vaterschaft“ ) zeigt die Vor- und Nachteile der späten Vaterschaft im gesamtgesellschaftlichen Kontext deutlich auf.
Gesundheitliche Risiken für den Nachwuchs
In den letzten Jahren sind Studien über die Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder durch den männlichen Anteil der Zeugungsgeschichte vermehrt durchgeführt und veröffentlicht worden. Dabei geht es vor allem um den Zusammenhang zwischen Alter des Vaters und Schädigungen seiner Nachkommen. Bereits 1912 wies der Arzt Wilhelm Weinberg nach, dass die Skeletterkrankung Achondroplasie (eine Form des Zwergwuchses) wesentlich häufiger bei zuletzt Geborenen einer Familie vorkam, als bei deren ersten Kindern. Seine Vermutung, dass das mit dem Alter des Vaters zusammenhängen könnte, ist mittlerweile bestätigt worden. Ebenso hängt das Auftreten des Apert-Syndroms – eine Erberkrankung, bei der Finger und Zehen verwachsen und die Gliedmaßen verkürzt sind – vermutlich stark mit dem Alter des Vaters zusammen. Schwedische Forscher des Karolinska-Instituts haben im Jahr 2008 berechnet, dass das Risiko für bipolare Störungen bei Kindern mit Vätern über 55 Jahren höher ist, als mit Vätern zwischen 20 und 25 Jahren. Im Frühjahr 2009 stellte der australische Gehirnforscher John McGrath eine amerikanisch-australische Studie vor, die nachwies, dass Kinder älterer Väter im Alter von 8 Monaten, vier und sieben Jahren bei Intelligenztests häufig schlechter abschnitten. Ein Forscherteam aus Großbritannien und Amerika wies nach, dass Kinder ein sechsfach höheres Risiko haben, an Autismus zu erkranken, wenn deren Väter beim Zeugungsakt über 40 Jahre alt sind.
Spermien werden schwächer
Bei einem Vater über 50 kann man davon ausgehen, dass seine Spermien sich ca. 850 mal geteilt haben. Denn dass ein Mann bis ins hohe Alter noch zeugungsfähig ist, liegt an der Fähigkeit der Spermien, sich durch Zellteilung zu vermehren. Je öfter dies geschieht, um so mehr Fehler können sich dabei einschleichen, so dass Mutationen zum typischen Programm gehören. Die Epidemiologin Brenda Eskenazi von der Universität in Berkeley kam bei einer Untersuchung des Spermas von 97 gesunden Männern im Alter von 22 bis 80 Jahren zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Bewegungsfähigkeit und Zielorientiertheit des Ejakulats nachlässt, sondern auch die genetische Qualität.
Bisher steht die Forschung zu diesen Themen jedoch noch ganz am Anfang, tatsächliche Ursachen sind eher nicht bekannt, noch wird viel gemutmaßt. Ärzte raten Männern, im jungen Alter Samen einfrieren zu lassen, um diesen Problemen im Alter ausweichen zu können. Vielleicht spielt aber auch hier das persönliche Engagement für langes Leben in körperlicher Gesundheit und geistiger Fitness eine Rolle.