TV-Doku „Der Hotelinspektor“: Heinz Horrmann polarisiert die Hotellerie

Besten Auftrieb für die neue Serie auf RTL, die zuletzt mit knapp 17 Prozent Marktanteil das Topergebnis des Tages einspielte (Folge mit Hotel Les Nations Berlin) gab es mit der – offiziell nie bestätigten, aber aus sicherer Quelle berichteten – Empfehlung aus dem Dehoga-Bundesverband an Hoteliers, sich doch besser nicht für den TV-Test zu bewerben. Das focht aber die Bemühungen des Teams der Produktionsfirma Granada (dreht auch „Dschungelcamp“) nicht an; aus über 80 Bewerbungen mussten private Durchschnittshotels wie das Holzschuhs im Schwarzwald oder das Alce auf Mallorca herausgefiltert werden.

Kritik wurde vor allem nach der ersten Folge laut: Just der Ein-Mann-Betrieb „Sachsenross“ in Altenau im Oberharz wurde (nicht ganz glücklich) zum Start genommen. Dass da selbst die Engelsgeduld von Heinz Horrmann mit dem stoischen Gleichmut des Inhabers/Rezeptionists/Chefkochs/Frühstückskellners und die gesponserte Grundreinigung des verschimmelten Hauses nichts half, wundert indes nicht. Die Gretchenfrage ist, ob der Hotelbetrieb ohnehin Chancen auf ein Überleben hat. Gemeinhin wurde die Folge Nr. 1 als schlechter Start bezeichnet. Doch ist festzuhalten, dass auf der Website heinzhorrmann.com neben Kritik am Sendekonzept auch zahlreiche zustimmende Zuschauerkommentare erschienen. Horrmann hat nach jeder Sendung eine Flut an Briefen und eMails erhalten – die Mehrheit klar positiv und bestärkend, so seine Aussage. Der kolportierten Vorwurf, er wüde die Hotels im Fernsehen vorführen, ist nicht zu halten. Denn gerade die vergangenen drei Testbetriebe in Baiersbronn (Holzschuhs), Dredsen (Am Friedensstein) und in Berlin (Les Nations) zeigten ihre Wandelbarkeit und erhielten öffentliches Lob. Vom schwarzen zum weißen Schaf – für die lernwilligen Hoteliers hat es positive PR vor einem Millionenpublikum und konkrete Mehrumsätze gebracht. Horrmann konnte in mehreren Fällen die Kontakte zu Hoteleinkäufern großer Reiseveranstalter vermitteln. Holzschuh bedankte sich und freute sich über das überaus positive Echo.

Heinz Horrmann - der Hotelinspektor

Natürlich erkennt Jedermann den Showcharakter der Sendungen. Da darf Horrmann schon mal poltern („Hier hilft nur noch die Abrissbirne“) und sehr hoch angelegte Maßstäbe an Zimmerservice und Küchenqualität legen. Die kontrovers geführte Debatte, ob ein Drei-Sterne-Hotel auch Fußschlappen bieten muss, gehört dazu und ist gewollt. Auch, ob ein frisch gepresster Orangensaft statt Tütennektar zum Frühstück im Budgetrahmen eines kleinen Hotels liegt, darf gefragt werden. Aber Horrmann gibt sich eben nicht mit schlechtem Durchschnitt und Binsenweisheiten von Turnaroundmanagern zufrieden, sondern fordert ein Höchstmaß an Gästebetreuung, was freilich auch in den unteren Hotelkategorien – auch im Partyviertel auf Mallorca oder im entlegensten Winkel des Harzes – erwartet werden darf. Der verständnisvolle Zuschauer, der um die Anforderungen eines professionellen Hoteltests mit mehreren tausend Einzelkriterien weiß, erkennt auch die die routinierte Überlegenheit in Horrmanns’s Auftritten. Seinen Sinn für Sauberkeit und Hygiene übertraf einzig die Hausdame des Berliner Les Nations, die ihren energischen Einsatz auf Knien im Gästebad wahrscheinlich nicht nur fürs Fernsehteam leistet.

Das aus Großbritannien stammende TV-Format offenbart vieles Wissenswerte über die Privathotellerie. Einerseits werden schonungslos die lieblosen „Chauffeurszimmer“ gezeigt, andererseits der professionelle Aufbau eines perfekten Frühstücksbüffet für ein Hotel Garni demonstriert. Horrmann erklärt geduldig, wie man Ananasschiffchen herstellt, und weist auf offensichtliche Schwachstellen wie leere Minibars, unbesetzte Rezeptionen oder Plastikblumen hin. Gäbe es die Serie „Der Hotelinspektor“ als Buch, wäre es höchst amüsante und lehrreiche Lektüre zugleich.

Horrmann, der mit dem RTL-Dreh nach Spitzenpositionen im Axel-Springer-Konzern noch eine eindrucksvolle TV-Karriere krönt, hat vor einigen Jahren das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen – für sein jahrzehntelanges Bemühen um die Servicekultur im Gastgewerbe. Kritische Fragen, ob er für seine Tests in der internationalen Luxushotellerie denn bezahlt würde, kann er lässig negieren. Heinz Horrmann ist und war nie käuflich. Im Gegenteil: Seine Kritiken auch an ihm verbundenen Hotelketten wie Ritz-Carlton (er entwickelte einst mit Horst Schulze das weltberühmte Servicecredo „Ladies and Gentlemen are serving Ladies and Gentlemen“) sind gefürchtet. Und sein Wort hat Gewicht: An einem aufwändig renovierten Luxusresort auf Mallorca bemängelte er in seinem Testbericht für die „Welt“ die fehlende Farbenpracht in des hoteleigenes Großgartens; prompt ließ der Eigentümer die Grünanlagen für ein erkleckliches Sonderbudget neu gestalten. Horrmann wird auch manchmal etwas übertrieben hofiert: So wies die deutsche PR-Chefin einer internationalen Luxushotelkette ihre Kollegen in Kalifornien ans, wie man mit Mr. Horrman umzugehen habe – Limoservice am Flughafen, Kofferträger, frisches Obst und ein zweites dickes Kopfkissen! Dazu sei bemerkt: Wer ihn kennt, der weiß, dass Heinz Horrmann zwar in den Fünf-Sterne-Plus-Hotels der Welt zuhause ist, sich aber mit weit weniger zufrieden gibt!

Heinz Horrmann hat Erfolg und schreibt Erfolgsgeschichten. Sein Auftritt als „Hotelinspektor“ ist ein neuer Coup, der verdient Beachtung fand. Die vorerst letzte Folge wird am 24. Mai ausgestrahlt (RTL, 19:05h). Verpasste Folgen können im Internet über http://rtl-now.rtl.de abgerufen werden. Über eine zweite Staffel wurde noch nicht entschieden. Macht nichts. Horrmann steht schon wieder vor der Kamera – für die siebte Staffel (!) der seit Monaten erfolgreichen „Kocharena“ auf Vox. Zudem schreibt er gerade an zwei weiteren Hotelbüchern, Nr. 35 und Nr. 36 (Neuauflage der 99 ultimativ besten Hotels der Welt). Man wird von ihm noch hören und lesen – für manche, mehr als ihnen lieb ist, für viele mehr erhellende Reports aus einer wunderbaren Welt. Der Welt der Hotellerie.

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Eine Meinung

  1. Also ich persönlich finde Herrn Horrmann klasse. Er sagt heraus was er denkt, wenn auch seine Ansprüche oft nicht den Gegebenheiten entsprechen. Ich kann mich nicht in einen Polo setzen und einen BMW erwarten, das muss nach hinten losgehen.
    Aber seine Kritik und seine Vorschläge haben oft das Umdenken des/der Inhaber/s erwirkt und auch gleichzeitig eine Besserung. Also hat es am Ende etwas verbessert, und das zählt.

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