Der Roman „Er ist wieder da“ ist das Debüt von Timur Vermes. Darin erzählt er eine Geschichte, wie sie absurder nicht sein könnte. Der historische Adolf Hitler erwacht zum Leben, als ob sein Selbstmord am 30. April 1945 mit seiner Walther PKK nie gewesen wäre, denn er lebt! Timur Vermes entwirft hier eine glasklare Fiktion wie sie grotesker und gleichzeitig gruseliger nicht sein könnte. Wenn Sie alle Details wissen wollen, dann lesen Sie einfach hier!
Timur Vermes Geschichte vom Erfolg des Komikers „Hitler“
Das Szenario ist folgendes: Wir schreiben das Jahr 2011, es ist ein ganz normaler Sommertag. Wir befinden uns in Berlin-Mitte. Drei kleine Jungen spielen Fußball auf einem freien Platz. Inmitten dieses Idylls passiert es: Adolf Hitler erwacht. Unvermittelt liegt er am Boden. Weit und breit ist kann er nichts und niemand entdecken, das ihm auch nur ansatzweise bekannt vorkäme. Klar ist ihm lediglich: Er befindet sich in Berlin. Doch ist Stadt nicht mehr dieselbe. Der Krieg ist vorbei, Berlin längst wiederaufgebaut. Hitler ist verwirrt: In welchem Jahr befindet er sich nur? Wie konnte sich alles um ihn so verändern? Fragen über Fragen schießen ihm durch den Kopf…
Von diesen Gedanken ganz benommen, taumelt er zu einem Kiosk und ihm wird schwarz vor Augen. Der Kioskverkäufer hält ihn für einen guten Schauspieler, wirkt er mit seiner Uniform doch wie der leibhaftige Gröfaz, eine satirische Verballhornung aus „Der größte Führer aller Zeiten“. Von der wahren Identität des Fremden will er nichts wissen; stattdessen ist die Sache für ihn eindeutig. Über diese Verwechslung findet Hitler schließlich seinen Weg in's Fernsehen und erlangt letztlich mediale Berühmtheit als Komiker – obwohl, und das ist das Witzige, er es bierernst meint.
Was in der Gegenwart zählt: Die Quoten, die Klicks und die Like-Buttons
Schnell hat der Leser ein altbekanntes Szenario vor Augen. Jetzt wechselt der Tonfall des Romans vom Komisch-Grotesken ins Gruselig-Bizarre. Die Unfähigkeit der Leute, zu erkennen, wer da eigentlich wirklich vor ihnen steht wird ebenso gezeigt wie die Gefahr, die von dieser Unwissenheit, ja Blindheit ausgeht. Alles was die Menschen in diesem Roman interessiert ist scheinbar die Gier nach neuen Hypes und Erfolg mittels Einschaltquote, Youtube-Klick oder Facebook-Like-Button.
Trotzdem bleibt einem an keinem Punkt der Rezeption das Lachen so sehr im Halse stecken, dass man nicht doch im Sog der Geschichte bliebe. Denn ihr satirisches Potential bleibt immer offensichtlich und wird voll ausgeschöpft. Beispielsweise in der Szene, als Hitler die NPD-Zentrale besucht und sich über deren Zustand empört: Als er sich mit dem NPD-Vorsitzenden Holger Apfel beratschlagt und dabei nicht politischen Inhalte thematisiert werden, sondern Hitlers geringe Meinung über Apfel. Als er betont, dass der Vorsitzende aussähe, als ob er beim Reden immer ein Wurstbrot im Mund hätte.
So manchen Leser mag dieses Buch noch lange nachdenklich stimmen: Etwa über die Verblendung eines ganzen Volkes. Wie ihn jeder für einen Komiker halten konnte, der nur eine Rolle spielt, obwohl er doch ständig beschwört, wer er wirklich ist. Der Demagoge Hitler wird hier verkannt und das ist sehr bedenklich. Der Autor Vermes hält damit der medialen Gesellschaft den Spiegel vor. Er fragt: Wie funktioniert Verblendung? Die anfänglich eher klamaukhaft erscheinende Persiflage besitzt deshalb auch einen Tiefgang, der sich erst zum Schluss ganz entfaltet – dann aber eine Gänsehaut erzeugt, die einen so schnell nicht wieder los lässt.
Timur Vermes: Er ist wieder da. Im Sommer. Eichborn Hardcover. 2012. 396 Seiten
Hörbuchprobe (gesprochen von Rainer Maria Herbst)
Picture: Light Impression – Fotolia
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