Night Shift

Schon oft hat der Freund mir vom Nachtprogramm erzählt. Die Wiederholungen der Nachmittagsshows, olle B-Filme in schwarz-weiß, Verkaufssender wie QVC und neuerdings diese Quizsender. Außerdem natürlich Domian, der heimliche König des Nachtlebens vor dem Bildschirm. Mein Freund ist ein TV-Freak, schlimmer als ich, soviel steht fest.

Domian ist okay, hab ich früher des Öfteren gesehen. Vor allem hab ich ihn schon gehört, als er dieses Ding noch im Radio gemacht hat. Ist aber ewig her. Ein bisschen allzu moralisch ist Jürgen Domian ab und zu, aber gerade deshalb immer wieder auch (unfreiwillig) komisch. Shoppingsender sind die beste Comedy überhaupt, stundenlang habe ich schon schlaflos da hineingestarrt. Wenn ich krank war zum Beispiel. Es ist eine Wonne.

Der Freund aber, der sich die Nächte in einem kleinen, karg eingerichteten Pförtnerhäuschen um die Ohren schlägt, lässt die Kiste neuerdings unangerührt. Er erträgt die Werbung nicht mehr, die Telefonnummern stöhnenden Mädels, die Gays auf der Line und die Muttis ab 40. Immer wieder dasselbe, die ganze Nacht. Werbung funktioniert durch Wiederholung, ich weiß. Aber zuviel geht eben auch nicht, kann ich verstehen. Und es ist irgendwie beruhigend, dass es auch Männern so geht. Nach einer Weile.

Zunächst hat der Freund sich also ein Laptop und DVDs mit ins Kabuff genommen. Filme ohne Werbeunterbrechung, Fassbinder oder Hitchcock, James Dean oder Ruth Leuwerik. Die freie Wahl, eine Wonne. Neuerdings aber bleibt auch diese Ausstattung zu Hause. Kaum zu glauben irgendwie, aber er nimmt sich jetzt Bücher mit. Noch nicht einmal Romane, Science Fiktion oder so. Das würde ja noch zu ihm passen. Aber nein, erst hat er über die Geografie Australiens gelesen. Und jetzt ist er auf Geschichte umgestiegen, im weitesten Sinne zumindest. Joachim Fest: Ich nicht.

Kaum zu glauben. Aber vielleicht ist das der Schlüssel zum Glück. Abschalten! Das versuch ich jetzt einfach auch mal.

Byebye!