Nellie Bly war nur ein Künstlername, geborgt aus einem Lied des amerikanischen Komponisten Stephen Collins Foster. Eigentlich hieß sie Elizabeth Jane Cochran, geboren am 5. Mai 1864 in Pennsylvania als Tochter eines angesehenen Richters.
Der allerdings zu früh verstarb und seine Frau sowie seine zahlreichen noch minderjährigen Kinder so gut wie ohne Versorgung zurückließ. Das Mädchen musste sich durchkämpfen und kämpfen, das konnte sie. Mit ihrem Mut, ihrer direkten Art und ihren Ideen schaffte sie es, für angesehene Zeitungen zu arbeiten und dort nicht nur die damals typischen Frauenthemen Küche und Garten zu ergattern. Sie heiratete einen reichen, vierzig Jahre älteren Mann und erbte nach seinem Tod. Nellie Bly war eine besondere Frau, eine, die sich damals schon traute, was sich heute kaum eine traut: Dinge beim Namen zu nennen.
Skandalöse Zustände
Das Angebot, sich für eine Zeitung heimlich in die Psychiatrie einweisen zu lassen und die dortigen Zustände genauer zu beschreiben, konnte eine Persönlichkeit wie Nellie Bly gar nicht ausschlagen. Zu verlockend war die Aussicht auf eine richtig gute Story. Und die bekam sie auch, denn die Zustände in dem von der Wohlfahrt unterhaltenen „Irrenhaus“ sind schlimmer als es die junge Frau erwartet hätte. Menschenunwürdig und menschenverachtend. Auf die Idee, dass die Frau – genauso wie wohl einige andere Insassinnen auch – bei bester seelischer Gesundheit war, kamen die Ärzte nicht.
Ein Stil, der sich nicht für Prosa eignet
Der Stil der Autorin ist etwas holprig, was wohl auch der Grund dafür war, dass zwar ihre Artikel gern gelesen wurden, nicht aber ihr Erstlingswerk. Sie kommt authentisch rüber und berichtet ohne Umschweife oder Verschönerungen von Zuständen, die man sich heute kaum noch vorzustellen vermag. Und brachte es in diesem Männerjob zu einiger Berühmtheit – zeitweise weltweit. Investigativer Journalismus mal ganz anders.
Nellie Bly: Zehn Tage im Irrenhaus, erschienen bei Aviva im September 2011, gebunden und mit vielen Zusatzinformationen über die Autorin und die Welt der Presse zu dieser Zeit. Zu haben für 18,50 Euro. Zur Homepage der Autorin geht es hier entlang.