Mietminderungen sind eine verlockend einfache und doch mitunter sehr komplizierte Angelegenheit. Eine Mietminderung kann vom Mieter selbsttätig und ohne vorherige Beantragung durchgeführt werden – indem er einfach den entsprechenden Betrag der Miete nicht überweist. Wie hoch eine Mietminderung jedoch konkret und in welchem Schadensfall gerechtfertigt ist, darüber gibt es keine verlässlichen Regelungen. Daher kann es schnell zu einem Gerichtsverfahren kommen, wenn der Vermieter glaubt, dass die Miete in unzulässigem Rahmen gemindert wurde.
Wie führen Sie also – exemplarisch – eine Mietminderung bei Baulärm durch?
Mietminderung bei Baulärm: Das sollten Sie beachten!
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Genaue Miethöhe ermitteln
Oftmals werden Kaltmiete und Nebenkostenvorauszahlung als Gesamtsumme an den Vermieter überwiesen. Gemindert werden darf allerdings nur die Kaltmiete. Sehen Sie also in Ihren Mietunterlagen nach, wie hoch der Betrag der Nettokaltmiete tatsächlich ist. Am besten überweisen Sie zumindest während der Dauer der Mietminderung beide Beträge getrennt von einander und benennen diese im Überweisungsbetreff entsprechend mit „Nebenkostenvorauszahlung Juli“ und „Kaltmiete Juli, gemindert um XX Prozent“.
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Mietminderungstabelle einsehen
Beim Mieterbund und verlgeichbaren Einrichtungen gibt es Tabellen über zulässige Mietminderungen. Allerdings weisen diese lediglich den Weg indem sie Vergleichsurteile sammeln, in denen es bereits gerichtliche Entscheidungen gegeben hat. Der vom Gericht als angemessen empfundene Prozentsatz liegt im Falle von Mietminderung durch Baulärm zwischen fünf und sechzig Prozent. Zehn Prozent Mietminderung wurde beispielsweise vom Landgericht Kassel einem Kläger zugesprochen, weil in der Nähe seiner Wohnung eine Bahnstrecke errichtet wurde. Übermäßiger Baulärm in einem Neubaugebiet, der dazu führte, dass eine normale Unterhaltung und das Öffnen der Fenster gleichzeitig nicht möglich waren, wurde vom Amtsgericht Darmstadt als Anlass für eine fünfundzwanzigprozentige Mietminderung anerkannt. Allerdings gibt es auch zwei Urteile vom Amtsgericht Aachen und vom Amtsgericht München, die beide besagen, dass der Bau einer U-Bahn in unmittelbarer Nachbarschaft in einer Großstadt ortsüblich sei und keine Mietminderung rechtfertige. Gerade weil die Gerichte so unterschiedlich entscheiden, sollten Sie sorgfältig recherchieren und ein solches Urteil heraussuchen, das Ihrer Situation am nächsten kommt – nicht eines, das für Sie besonders lukrativ ausfällt, aber am Ende nicht passt.
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Geräuschemissionen messen
Anders als viele vermuten, müssen Sie im Falle einer Mietminderung bei Baulärm keine Messung der Lärmhöhe durchführen. Es genügt, dass eine Baustelle mit lärmenden Bauarbeiten vorhanden ist und der Lärmpegel gegenüber dem sonstigen Niveau erhöht ist.
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Den Vermieter informieren
Um sich rechtlich abzusichern, sollten Sie den Vermieter schriftlich darüber in Kenntnis setzen, dass Sie die Miete mindern. Am besten zitieren Sie in Ihrem Schreiben ein oder zwei der recherchierten Gerichtsurteile. So kann er sehen, dass Ihre Ansprüche nicht aus der Luft gegriffen sind.
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Wann Sie die Miete nicht mindern dürfen
Eine Mietminderung kann nur dann erfolgen, wenn Sie als Mieter nicht vor Abschluss des Mietvertrags von der bevorstehenden Baumaßnahme in Kenntnis gesetzt wurden. Steht in Ihrem Mietvertrag also eine Ergänzung, welche die konkreten Baumaßnahmen ankündigt, beispielsweise „Eine mehrmonatige Sanierung des Dachgeschosses ist für das Jahr 20XX vorgesehen“, dann können Sie daraus keine Mietminderung beim Baulärm ableiten.
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Was Sie nicht berücksichtigen müssen
Mietminderungen werden im Allgemeinen deshalb durchgeführt, um den Vermieter zu einer umgehenden Abstellung des Mängels zu zwingen. Bei Baulärm liegt es allerdings häufig nicht im Rahmen der Möglichkeiten des Vermieters, diesen abzustellen – gerade dann, wenn die Geräuschemissionen von benachbarten Grundstücken her rühren. Dies jedoch wurde nur in den seltensten Fällen gerichtlich zu Bedenken gegeben. Im Zweifelsfall ist es am Vermieter, sich die Mietausfälle vom Verursacher des Baulärms zurück zu holen.
Laut BGH-Urteilen vom 06.04.2005 (XII ZR 225) und vom 13.04.2011 (VIII ZR 223/10) sind Mietminderungen von der Bruttomiete vorzunehmen, also auch von den Nebenkosten. Ihre Ausführungen unter Punkt 1 sind daher nicht richtig.
Schliesse mich dem Kommentar von Westermann an.
„Denn nach der Entscheidung BGH 13.04.2011 – VIII ZR 223/10 „kann erst aufgrund der Jahresabrechnung der Betriebskosten abschließend ermittelt werden, ob hinsichtlich der Gesamtmiete unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung noch eine Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters besteht. Dafür ist es unerheblich, ob und gegebenenfalls wie die monatlich einbehaltenen Beträge auf die Nettomiete einerseits und die Betriebskostenvorauszahlung andererseits angerechnet werden.“
Ansonsten einfach einen halbwegs vernünftigen Betrag einsetzen (Tabellen studieren)