Unter der Prämisse, dass komische Situationen immer dann umso komischer werden, wenn sie gestandenen Menschen passieren, schuf der Schauspieler und Schriftsteller Vicco von Bülow mit seinem Alter Ego Loriot ein Stück deutsches Kulturgut. Kaum ein deutscher Komiker des 20. Jahrhunderts war so unumstritten wie der 2011 verstorbene von Bülow.
Von der klassischen Jugend zum Zeichenbrett
Wie damals üblich für die Familie von Bülow begann auch der 1923 geborene Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow mit einer Ausbildung zum Offizier, die ihn bereits in jungen Jahren an die Ostfront des Zweiten Weltkriegs brachte. Später äußerte Loriot nur Scham und Abscheu für Deutschlands Rolle im Zweiten Weltkrieg – nach Kriegsende verdingte er sich zunächst als Holzfäller und absolvierte schließlich ein Studium in Malerei und Grafik an der Kunsthochschule in Hamburg.
Mit seinen Zeichnungen erhielt er einen Job als Cartoonist für den Stern, dort stieß Loriots Humor allerdings auf wenig Gegenliebe, so dass seine Zeichenkarriere für die deutsche Verlagslandschaft nur von kurzer Dauer war. Schließlich war sein Name durch die harsche Kritik so „verbrannt“, dass sich kein Verlag an die Veröffentlichung seiner Bücher wagte, bis er mit dem Schweizer Verleger Daniel Keel sein erstes Buch „Auf den Hund gekommen: 44 lieblose Zeichnung“ publik machen konnte. Fortan blieb Loriot Keel und dessen neu gegründeten Verlag Diogenes treu.
In den späten 50ern fand Vicco von Bülow außerdem den Weg in verschiedene Filme und entdeckte so eine neue Seite von sich. In Nebenrollen in „Die Brücke“ und „Der längste Tag“ zeigte er erstmals sein Gesicht vor der Kamera. Mit dem Theater und der Oper verband ihn später eine innigliche Beziehung, 2003 begann er sogar als Dozent für Theaterkunst an der Berliner Universität der Künste.
Von Vicco von Bülow zu Loriot
Seine großen Erfolge verzeichnete von Bülow aber als seine eigens geschaffene Kunstfigur Loriot. Mit (gezeichneten wie gespielten) Sketchen, die deutsches Kulturgut wie das Jodeldiplom, das altbackene Wissenschafts-TV oder etwa das gemeinsame Essen (im wohl bekanntesten Loriot-Sketch „Die Nudel“) auf die Schippe nehmen, machte sich das deutsche Allround-Talent unsterblich.
Später folgten zwei von ihm inszenierte Kinofilme, in denen er auch an der Seite von Evelyn Hamann vor der Kamera agierte. Die Filme „Ödipussi“ um ein 50-jähriges Muttersöhnchen und „Pappa ante Portas“, in dem Loriot unvermittelt in den Zwangsruhestand geschickt wird, sind heute humoristisch deutsches Kulturgut und gehören zu den besten Komödien der Republik. Haben Sie Lust bekommen, sich die alten Klassiker wieder zu Gemüte zu führen?
Wie auch mit seinen TV-Sketchen schuf Loriot zahlreiche Kultzitate, die in Deutschland zu den griffigsten Begriffen der Popkultur zählen. „Die Ente bleibt draußen.“, „Ein Klavier, ein Klavier“ und „Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein“ (siehe Video) sollten jedem Filmfreund im Lande ein Begriff sein, ebenso der Verweis auf die Nudel im Gesicht der abendlichen Begleitung.
Ob in gesammelten Bänden seiner vielen Kurzgeschichten und Comics oder in DVD-Sammlungen seiner Fernsehauftritte und TV-Sketche: Loriot gehört zu den prägenden Humoristen der deutschen Nachkriegsgeschichte, und wohl keinem Komiker gelang ein derartig naher und zugleich wissenschaftlich distanzierter Blick auf die Eigenarten des ‚Deutschseins‘ wie Vicco von Bülow.
Ein Leben für die Pointe
Vicco von Bülow wird zu Recht als einer der besten, wenn nicht der beste Komiker des Landes gefeiert. Sein feinsinniges Gespür gepaart mit seiner reizenden Art machten Loriot zur Kultfigur, ob vor der Kamera oder hinter dem Zeichenbrett. Der Name seiner Kunstfigur Loriot leitet sich übrigens von der französischen Bezeichnung des Pirols her – dieser kleine, gelbe Vogel ziert nämlich das klassisch heraldische Wappen der Familie von Bülow.
Bild – STAR PRESS
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