Fristlose Kündigung wegen privater Internetnutzung – Aufrufen pornografischer Seiten

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigte seine Rechtsprechung zu privater Internetnutzung während der Arbeitszeit.

Im dem entschiedenen Fall hatte ein Bediensteter des Bundesamtes für Wehrtechnik während der Dienstzeit rund 50 Stunden verbotswidrig den Internetzugang privat genutzt und dabei vorrangig pornografische Seiten besucht. Der Arbeitnehmer flog auf, weil ein Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften gegen ihn eingeleitet wurde. Das Bundesamt kündigte ihm nach ordnungsgemäßer Anhörung des Personalrates fristlos. Der Arbeitnehmer wandte gegen seine Kündigung ein, dass er sich während seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit ansonsten nichts habe zu Schulden kommen lassen. Im Übrigen habe er vorwiegend während der Pausen gesurft. Sein PC sei zudem, wenn er ihn hochgefahren habe, während des gesamten Arbeitstages frei zugänglich. Es sei nicht auszuschließen, dass auch andere Bedienstete den PC genutzt hätten. In der ersten und zweiten Instanz obsiegte der Arbeitnehmer. Erst in der Revision setzte sich das Bundesamt dem Grunde nach durch.

Das BAG (Urteil vom 27.04.2006 – 2 AZR 386/05) entschied jetzt:

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Nach der Senatsrechtsprechung (7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – EzA BGB 2002 § 626 Nr. 10, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 -) kommt als kündigungsrelevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten bei einer privaten Nutzung des Internets ua. in Betracht:

– das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme ("unbefugter download"), insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des – betrieblichen – Betriebssystems verbunden sein können oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, beispielsweise weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden ( Hanau/Hoeren Private Internetnutzung durch Arbeitnehmer, S. 31; Mengel NZA 2005, 752, 753 ); die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solche, weil durch sie dem Arbeitgeber möglicherweise – zusätzliche – Kosten entstehen können und der Arbeitnehmer jedenfalls die Betriebsmittel – unberechtigterweise – in Anspruch genommen hat;

– die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht verletzt ( Kramer NZA 2004, 457, 459; Mengel NZA 2005, 752, 753 ).

Bei einer privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit verletzt der Arbeitnehmer grundsätzlich seine (Hauptleistungs-) Pflicht zur Arbeit (BAG 7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – EzA BGB 2002 § 626 Nr. 10; Balke/Müller DB 1997, 326; Beckschulze DB 2003, 2777, 2781; Kramer NZA 2004, 457, 461; Mengel NZA 2005, 752, 753) . Die private Nutzung des Internets darf die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nicht erheblich beeinträchtigen (Däubler Internet und Arbeitsrecht 3. Aufl. Rn. 189; Hanau/Hoeren Private Internetnutzung durch Arbeitnehmer S. 29; Kramer NZA 2004, 457, 460) . Die Pflichtverletzung wiegt dabei um so schwerer, je mehr der Arbeitnehmer bei der privaten Nutzung des Internets seine Arbeitspflicht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht vernachlässigt.

Unstreitig hat der Kläger mehr als zwei Monate lang fast täglich das Internet in einem Umfang zwischen ca. 15 Minuten und knapp 3 Stunden verbotswidrig privat genutzt. In ca. zehn Wochen betrug die Zeit der privaten Internetnutzung mehr als eine Woche. Damit hat er seine Arbeitspflicht ganz erheblich verletzt, selbst wenn man mögliche Pausenzeiten berücksichtigt.

Zum Einwand des Klägers, der PC sei frei zugänglich gewesen, führte das BAG aus:

Außerdem hat der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen bei seinem Dienst-PC die angeordneten Sicherheitsmaßnahmen umgangen, das Passwort auf dem Computer gespeichert und bei kürzeren Abwesenheitszeiten das Zimmer offen gelassen. Er geht selbst davon aus, dass dadurch der Zugriff fremder Personen auf seine Dateien und damit auf die gespeicherten Pornodateien möglich war. 

Zur Rufschädigung des Bundesamtes für Wehrtechnik als Dienstherrn des Klägers stellte das BAG klar.

Schließlich kann es der Beklagten auch nicht, wovon offenbar das Landesarbeitsgericht ausgeht, zum Vorwurf gemacht werden, dass sie angesichts des Verdachtes, dass auf dem PC des Klägers kinderpornografische Seiten abgespeichert waren, durch ihre Anzeige ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren veranlasst und damit möglicherweise einer "Vertuschung" der Angelegenheit entgegengewirkt hat. Von einer Bundesbehörde, die durch eine gravierende Pflichtverletzung eines ihrer Arbeitnehmer erheblich geschädigt worden ist, kann nicht verlangt werden, dass sie von ihrer Pflicht, derartige Vorfälle zur Anzeige zu bringen, nur absieht, um eine mögliche Schädigung ihres eigenen Rufs zu verhindern. (…) Der Angestellte hat sich nach dieser Vorschrift so zu verhalten, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird. Von einem Angestellten des Bundes ist nach § 8 Abs. 1 BAT zu erwarten, dass er sich nicht monatelang fast täglich zwischen ca. einer Viertelstunde und knapp drei Stunden mit Pornografie im Internet beschäftigt, anstatt seine Dienstpflichten zu erfüllen. Werden solche Verfehlungen bekannt und schreitet der öffentliche Dienstherr hiergegen nicht ein, so fällt dies auf die Behörde und damit auf den gesamten öffentlichen Dienst zurück. Wenn der Eindruck entstehen sollte, Mitarbeiter in zivilen Dienststellen der Bundeswehr beschäftigten sich anstatt mit Dienstaufgaben zu einem erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit mit dem Betrachten von Pornoseiten im Internet, so ist ein solcher Eindruck dem Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit insgesamt höchst abträglich (vgl. BVerwG 8. November 2001 – 2 WD 29/01 – Buchholz 236, 1 § 17 SG Nr. 36) .

7 Meinungen

  1. Verboten ist verboten……Für solche Prozesse noch Steuergeld zu verschwenden das sollte unter Strafe gestellt werden….

  2. Hallo Kirsten,da mußte ich ja lange suchen. Bei „uns“ konnte ich dich nicht mehr finden.Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr.wünscht dirAndreas

  3. Wenn Sie Arbeitgeber wären oder sind hätten Sie sicherlich auch die Kündigung geschrieben? Oder Nicht?

  4. Die Entscheindung ist wohl nicht zu beanstanden.

  5. Gilt dass den auch, wenn man auf „normalen“ Seiten surft oder gibt es da vorher noch eine Abmahnung?

  6. Ich kann nur Himbi recht geben. Es ist eine Schande dass hier erst lange Rechtswege beschritten werden müssen um eigentlich „völlig klare Sachverhalte“ festzustellen.

  7. Ich bin ja im Grunde für „im Zweifel für den Angeklagten“, aber sollte man nicht leicht feststellen können, wann jemand im Internet war? Denke mal, ein guter Admin hat da ja schon die richtigen Informationen (Log?)
    Die Kündigung find ich aber trotzdem gerechtfertigt, denn egal ob kinderpornografisch oder normalpornografisch 😉 , das kann er ja niemandem glaubhaft machen, dass jemand so lange seinen PC nutzt und dass das nicht er gewesen sein soll.
    Finde diesen Prozess ( wie ging er denn aus, weiss das jemand) unsinnig.

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