„Blue Ocean“, so der Opener und ohne lange Intros wird man flugs in die 80er katapultiert. Ohne Umschweife startet ein Progressive-Song allerhöchster Sahne, um beim Einsetzen des Gesangs spontan in 80er Jahre Sportkomödien abzudriften. Gut klingt das trotzdem, weil so wunderbar nostalgisch.
Supergroup Flying Colors
Flying Colors, das sind Chasey McPherson (Gesang, Gitarre, Keyboard), Steve Morse (Gitarre), Dave LaRue (Bass), Neal Morse (Keyboard, Gesang) und Mike Portnoy (Drums, Percussion, Gesang), vor allem Letzterer dürfte als einer der größten Schlagzeuger der Welt bekannt sein, ehemals bei Dream Theater tätig, mittlerweile überall mal beteiligt.
So viel künstlerisches Potential siedelt die Erwartungshaltung natürlich hoch an, genau das dürfte auch das Problem des Debüts sein, da diese nicht immer eingehalten werden kann.
Besonders in der ersten Hälfte gibt es den Spagat zwischen gut gemeintem (und gut ausgeführtem) Prog und merkwürdig altmodischem Heavy Metal Kitsch, der ums ein oder andere wohl in Richtung der Charts-orientierten Progphase der 70er/80er gehen will, aber irgendwie doch zu obskur ist, um dort hinein zu passen. Das ist zumindest beim Durchhören interessant und sicher nicht langweilig, aber wirkt oftmals nicht so durchdacht, wie man sich das wünschen würde, da die Breaks in den Songs aus dem Nichts kommen und keine wirkliche Funktion erfüllen zu scheinen, als die Vielfältigkeit der Band zu zeigen.
Metal darf es bei „All falls down“ auch mal sein
Spätestens auf „All Falls Down“ wird der 80er Jahre Haarmetal auch endlich mit Portnoy an der Spitze heraus geholt, dort preschen sie nach vorne und gniedeln sich durch geizige 3:20 , dass dem Ganzen ein schmachtender Lovesong mit obligatorischem Piano folgt, ist dabei so selbstverständlich, dass man gar nicht mehr witzeln möchte.
Immerhin gibt es jedoch zum Ende hin noch ein angeproggtes Monster, das sich manchmal etwas zu sehr im Gesang verliert (und das, wo das Intro Lust auf ein ausgiebiges Instrumental gemacht hat), im Grunde aber all die Guten Seiten von Flying Colors aufzeigt, die nicht immer so offensichtlich auf diesem Album zu finden sind.
Abwechslungsreich? Ja! Konzeptuell stimmig? Nein!
„Flying Colors“ ist abwechslungsreich, konfus und sehr traditionell – was dem Metalfan eventuell sogar ausreicht, ach was, Tränen in die Augen treibt. Man muss schon sagen, dass dort rein vom Technischen her nichts falsch gemacht wurde und auch die Halbwertszeit der Songs dürfte über dem Durchschnitt liegen, aber wenn ich ganz ehrlich sein soll: ein wenig Innovation und Experimentierfreudigkeit außerhalb des 80er Metals hätte ganz sicher nicht geschadet, vor allem nicht mit einer derartig starken Gruppierung.
Und dass man dann auch noch die instrumentalen Stärken immer wieder durch den letzten Endes nicht vollkommen überzeugenden Gesang in den Hintergrund drängt, zeigt sich vor allem in Songs wie „Infinite Fire“, wo großartige Soli regelmäßig vom generischen Gesang unterbrochen werden.
Muss man sich wirklich Sorgen machen, dass der Kern der Metalfraktion weiterhin schmerzhaft traditionell bleibt, anstatt – etwa wie die Kollegen Mastodon – auch mal etwas Neues zu wagen? Oder lag es einfach daran, dass die imposant klingenden 9 Tage im Studio in der Realität einfach zu wenig waren, um sich das Ganze mit etwas Abstand anzuhören?
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