Dietmar Dath: Die salzweißen Augen

Alles fängt so gut an. Der mit D. zeichnende Schreiber wendet sich an eine gewisse Sonja, um … Aber das Warum erfahren wir besser später. Möglich, dass wir nicht weiter gelesen hätten sonst. Zunächst erscheinen die vierzehn Briefe als inspirierende retrospektive Standortbestimmung einer nerdigen Seele, die ihre Sozialisation über Horrorfilme (bevorzugt der Schule des italienischen Regisseurs Lucio Fulci), Pornos und Speed-Metal erfahren hat und ihr Geld damit verdient, diese Genres nebst zugehöriger ästhetischer Kategorie im deutschen Pop-Feuilleton als Bastarde der Aufklärung zu verkaufen. Von allen Seiten kreisen die Briefe den Gegenstand ein, werden skandalhechelnde Filme und Bücher und theoriehubernde Viertelgebildete in Opposition gebracht zu wahrhaftiger Drastik und ihrem richtigen Verständnis: „Drastik ist der Positivismus von Schrecken, Geilheit, Macht und Ohnmacht.“ Bis klar wird (dem Schreiber, dem Leser), worum es in Wahrheit geht. Um die Aufarbeitung einer Obsession nicht der Drastik, sondern der Liebe nämlich. Einst war D. verliebt in Sonja, doch Sonja war nicht verliebt in D. Wodurch Sonja über die Jahre zum Inbild wird all der reinen, (weil) uneingelösten Versprechen einer bessern Welt. Die hübsche Idee von Drastik als dem kulturindustriellen Restschleim einer gegen die Wand gefahrenen Moderne wird eingeholt von einer peinlichen Pennälergeschichte. Auf der anderen Seite ist das schön gestaltete Buch die Idee von einem Roman.

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