Es gibt Filme, die schleichen sich geradezu behutsam an, nur um mit ihrer Bildgewalt zu cineastischen Meilensteinen zu werden. „Die Mühle und das Kreuz“ von Lech Majewski ist einer von diesen und muss neidlos zu den visuell eindrucksvollsten Filmen der letzten Jahre gezählt werden.
In einer Art filmischer Ekphrasis beschreibt der polnische Regisseur Entstehung und Hintergründe von Pieter Bruegels Gemälde „Die Kreuztragung Christi“: Der flämische Renaissance-Maler entwickelte sein 500-Personen-starkes Bild unter der religiösen Verfolgung durch die spanische Herrschaft in seiner Heimat um 1564.
Die Mühle und das Kreuz: Lech Majewskis bildgewaltige Bruegel-Verfilmung
Lech Majewski sucht sich zwölf dieser Personen aus und erzählt ihre Geschichten, indem er seine Schauspieler – unter anderem Michael York und Charlotte Rampling – vor Green Screen agieren lässt, CGI-Effekte einbindet und seine Aufnahmen so verfremdet, dass die Filmbilder selbst den Eindruck der Leinwand Pieter Bruegels erwecken. Während gleichsam in das Gemälde geschlüpft wird, findet eine geschichtliche Verortung statt, die nicht vor trostlosen und brutalen Bildern zurückschreckt, jedoch immer analytisch bleibt.
Rutger Hauer, einer der vermutlich unterschätztesten Schauspieler überhaupt („Bladerunner“, „Flesh & Blood“, „Batman Begins“), stellt als Maler dessen Inspirationen, die Situation und die Charaktere des Gemäldes aus, erklärt die Hintergründe in einer Art Essay, in dem er selbst durch seine geschaffene Szenerie wandelt und doch außen vor bleibt. Zentrum seiner „Kreuztragung Christi“ ist in der Verfilmung des Gemäldes nicht der unter seinem Kreuz zusammengebrochene Jesus – für die Renaissancemalerei ungewöhnlich winzig und abgerückt -, sondern die Mühle auf dem darüber liegenden Felsen, die alles überblickt.
Kunst-Essay mit Rutger Hauer, Michael York und Charlotte Rampling
Es gibt Filme, die verschließen sich bewusst dem großen Publikum, nur um die Magie des Kinos wiederzubeleben und zu beweisen, was das Medium Film zu leisten im Stande ist. Mit „Die Mühle und das Kreuz“ ist ein ebenso lyrisches wie nachdenkliches, schonungsloses wie beeindruckendes Kunstwerk entstanden, zu dem man das Popcorn weglegen und das Hirn anschalten muss. Zudem sollte man sich selbst den Gefallen tun und Lech Majewskis Film im Kinosaal ansehen, wo eine derartige Bilderpracht hingehört.
„Die Mühle und das Kreuz“ gehört zu den überraschenden Einreichungen beim diesjährigen Sundance Film Festival und kann ab dem 24. November 2011 auch in den deutschen Kinos gesehen werden.
Die Mühle und das Kreuz
(Mlyn i krzyz/The Mill and the Cross)
Regie: Lech Majewski
Drehbuch: Lech Majewski, Michael Francis Gibson (nach dessen Buchvorlage)
Mit: Rutger Hauer, Michael York, Charlotte Rampling
Studio: Angelus Silesius, Telewizja Polska, Arkana Studio, Bokomotiv Filmproduktion
Kinostart: 24.11.2011