Der Eisverkäufer verlässt das Kino. Das Licht wird wieder gedämmt, die Vorhänge geöffnet und die Vorstellung beginnt. Die Studio-Logos von Produktions- und Vertriebsfirmen erscheinen und führen über zu den ersten Sequenzen des Films, begleitet von Schauspielernamen und Filmtitel. Fast jedem ist diese Situation bekannt, ob nun wie beschrieben im Kino selbst oder unter ähnlichen Umständen beim DVD-Abend zu Hause. Der Zuschauer lässt sich von den Signets der mitwirkenden Unternehmen und dem Vorspann in den Film einführen, ohne deren Wirkung und Wichtigkeit direkt zu realisieren.
Dabei versteht die Titelsequenz es wie kaum eine andere filmische Ausprägung, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen, ohne dabei selbst in den Vordergrund zu treten. Der nachfolgende Film, dem die Titelsequenz unterstellt ist, erhält die ungeteilte Aufmerksamkeit und den abschließenden Beifall.
Ähnlich verhält es sich mit dem Abspann: Die letzten Bilder des Films verschwinden. Der Saal wird langsam erleuchtet und das Wiederkehren von Schrift kennzeichnet diesmal ein Ende der Handlung. Zur Unterstützung begleiten Momentaufnahmen der Geschichte den Abschied von dieser und stellen zugleich mitwirkende Schauspieler vor. Das Publikum lässt diese Eindrücke ein letztes Mal auf sich wirken, um dann aufzustehen und das Kino zu verlassen. Seit der Einführung der Abspannsequenz in den 60er Jahren, unterlag diese ständigen Veränderungen und ist heute oft Ersatz für eine fehlende Vorspannsequenz.
Die besten Film-Credits und ihre Wirkung auf den Zuschauer
Vor- und Abspann verfolgen meist unterschiedliche Ziele, die sich auf ihre Charakteristiken auswirken. Führt eine Vorspannsequenz in die Fiktion ein, so soll die Abspannsequenz helfen, ihr wieder zu entfliehen und in die Realität zurückzukehren. Aufgrund dieser meist unterschätzen Aufgabe der Titelsequenzen gelingt es Vor- und Abspännen aus ihren Grenzen herauszubrechen und so dem Hauptfilm gleichgestellt zu werden, um in nachhaltiger Erinnerung zu bleiben.
Die komplexe und oft experimentelle filmische Form der Titelsequenz vermittelt also nicht nur den Filmtitel, verweist auf die Produktion und adressiert den Zuschauer, sie kann auch eigenständig ohne den Film beeindrucken. Der Hauptfilm scheint allerdings beide Sequenzen zu brauchen, um vollends auf den Betrachter zu wirken. Die besten Film-Credits sind daher ebenso wie Film-Trailer ausschlaggebend für den Erfolg des Hauptfilmes beim Publikum.
Die Mittel, der sich beide Titelsequenzen bedienen, sind dabei oft unterschiedlich. Während im Vorspann die Plötzlichkeit gefragt ist, um mit dem Moment der Überraschung oder des Erschreckens das Interesse des Zuschauers zu wecken, versucht die Abspannsequenz den Abschied vom Film und damit die Hinwendung zur Realität zu erleichtern.
Die Auswahl der besten Film-Credits soll zeigen, welche Abwechslung in diesem Genre vorhanden ist und wie kunstvoll gestaltet Titelsequenzen sein können. Gab es früher den speziellen Beruf des Title-Designers, der allein, oft manuell Titelsequenzen entwarf, werden heute Vor- und Abspann von ganzen Medienagenturen zusammen konzipiert und auf Trailer und Plakat abgestimmt.
Die besten Film-Credits: Die Top 10
Carmen Jones (1954)
- Regie: Otto Preminger, Titeldesign: Saul Bass
- [youtube IaZEfNJAgM4]
- Zu dieser Zeit begannen Filmschaffende dem Vorspann eindeutig mehr Aufmerksamkeit zu schenken, da sie erkannten, wie dieser den Film von anderen aktuellen Filmproduktionen abheben konnte. So kam es, dass in den 60er Jahren ein regelrechter Titeldesignboom vorherrschte. Der Beruf des Titeldesigners erfuhr wachsende Anerkennung und der Oberbegriff Main Title Design wurde definiert.
- Trotzdem fanden Gestalter keine Nennung in den Credits und gingen daher 1948 in den Streik, um wahrgenommen zu werden. Doch erst 1954 erhält Saul Bass als erster Titeldesigner in dem Film Carmen Jones einen eigenen On-Screen-Credit in der Vorspannsequenz.
Around The World In Eighty Days (1956)
- Regie: Michael Anderson, Titeldesign: Saul Bass
- [youtube ee9XHRUkA6E]
- Erst spät erkannte man die gestalterischen Möglichkeiten des Abspanns und fügte ihm ein kleines Making Of hinzu, ließ in ihm Outtakes zeigen oder stellte den Film nachträglich animiert in ihm dar.
- Ausnahmen, wie Around the World in Eighty Days (1956), widerspiegeln dabei einen Trend, der erst seit den 90er Jahren mit dem Aufkommen von computeranimierten Filmen verbreitet wieder zum Tragen kommt – den Closing Title die Geschichte des Hauptfilms nacherzählen zu lassen.
What’s Up, Tiger Lily (1966)
- Regie: Woody Allen, Titeldesign: Phil Norman
- Der Text im Abspann adressiert direkt den lesenden Zuschauer – falls man dies liest und nicht der Stripperin zuschaut, sollte man einen Augenarzt aufsuchen.
- Der Augenblick des Schlusses wird verschoben, um das Ende vorläufig erscheinen zu lassen. Eine spezielle Adressierung des Publikums im Abspann wirft dem Beobachter zudem die Unfähigkeit vor, aufzustehen und zu gehen und liefert zugleich Gründe, dies nicht zu tun.
The Trail Of The Pink Panther (1982)
- Regie: Blake Edwards, Titeldesign: Arthur Leonardi
- Durch den Blick des Pink Panthers direkt in die Kamera enttarnt die Abspannsequenz die fiktive Welt des Films als eine künstlich inszenierte. Außer der Steigerung der Aufmerksamkeit hat dies auf den Betrachter allerdings keine weitere bemerkenswerte Auswirkung.
Seven (1995)
- Regie: David Fincher, Titeldesign: Kyle Cooper
- [youtube -k2gsEI34CE&feature=related]
- Kyle Cooper eröffnete mit den Vorspann für den Film Sieben die Ära des Grunge Title Designs. Seither konnte diese Ausdrucksform neues Interesse für sich gewinnen und eine Renaissance des Titeldesigns einleiten, die bis heute anhält.
Catch Me If You Can (2002)
- Regie: Steven Spielberg, Titeldesign: Olivier Kuntzel & Florence Deygas
- [youtube gaLDyrun_Cc]
- Diese Vorspanntitelsequenz verweist schon vorab auf das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Tom Hanks und Leonardo DiCaprio. Trotzdem nimmt sie dem Hauptfilm nicht die Spannung, sondern leitet mit dem Zeichentrickstil der 60er-Jahre in die passende Erzählzeit des Films ein.
Panic Room (2002)
- Regie: David Fincher, Titeldesign: William Lebeda
- [youtube sqIclb4qsJI]
- Der Panic Room ist die architektonische Besonderheit des Hauses, dass von den beiden Hauptfiguren im Film neu bezogen wird. Auch der Vorspann beruht daher auf der Architektur einer Großstadt und platziert gekonnt und realistisch die passende Schrift in die Sequenz.
Lord Of War (2005)
- Regie: Andrew Niccol, Titeldesign J’E.S.T.
- [youtube VHn1zogeyO4]
- Man beobachtet den Lauf einer Munitionsproduktion zu absurd positiver Musik. Besonders passend, wenn man bedenkt, wie leichtfertig Nicolas Cage im Film mit dem Waffenhandel umgeht.
Stranger Than Fiction (2006)
- Regie: Marc Foster, Titeldesign: MK12
- [youtube WDwTQ57YyzI]
- Der Film beginnt und nur die Präsenz von Schrift und Text verweist auf den Vorspann. Dabei werden weder Schauspieler benannt noch der Film betitelt. Diese Art der Titelsequenz stellt daher eine Ausnahme in der Vielfalt der Film-Credits dar.
Wall-E (2008)
- Regie: Andrew Stanton, Titeldesign: Jim Capobianco, Susan Bradley
- [youtube PB9FltZf_70&feature=related]
- Die Abspanntitelsequenz von Wall-E führt die Erzählung der Geschichte fort. Dies geschieht in der Regel durch weiterführende Texte, die das Leben der Figuren oder die folgenden Ereignisse nach dem Film beschreiben. In diesem speziellen Fall wird die weiterführende Filmerzählung im Abspann durch Animation realisiert.
Tipps und Hinweise
- Vielleicht hilft Euch diese kleine Zusammenfassung demnächst Titelsequenzen mehr Beachtung zu schenken oder gibt die Anregung für Eure eigene Top 10 der besten Film-Credits.
- „Forget the Film, Watch the Titles“ zeigt viele schöne Filmtitelsequenzen. Hier gehts zur Webseite!
- „The Art of the Title Sequence“ hat die größte Auswahl an Vor- und Abspann. Hier gehts zur Webseite!