Das Dilemma der fehlenden Eintrittsvoraussetzungen

Schaffen wir doch einfach alle anderen Schulformen ab und bauen alle weiterführenden Schulen zu Gymnasien aus. Der Trend geht doch offenbar ohnehin in diese Richtung. Keine gute Idee? Warum nicht? Ach, weil nicht alle Kinder die gleichen intellektuellen Potenziale aufweisen? Ist das nicht schon fast diskriminierend, so etwas Wahres öffentlich zu sagen? Liegt es nicht lediglich an der individuellen Förderung? Mit ausreichend individueller Förderung kann doch jeder ein Einstein werden, oder?

Es wird Zeit, einmal nüchtern zu akzeptieren, dass die Leistungsfähigkeit des Gehirns nicht in jedem Menschen gleichermaßen ausgeprägt gegeben ist. Ich finde es bereits seit langem unverständlich, warum man ständig auf Rahmenbedingungen und Verfahren rumreitet und den Faktor Intelligenz als maßgeblichen Einflussfaktor völlig ausblendet. Nehmen wir hier auch einmal PISA hinzu. Deutschland hat schlecht abgeschnitten. Das stimmt.

Betrachtet man aber die Ergebnisse der deutschen Teilnehmer ohne Migrationshintergrund, liegt Deutschland plötzlich auf Spitzenplätzen. Gleichauf mit Finnland und den anderen Staaten, die praktisch keine Migranten beherbergen. Andere Staaten wiederum, die Migrantenanteile haben, aber dennoch besser im PISA-Vergleich abschneiden, begrenzen restriktiv die Zuwanderung. Dort lässt man nur in bestimmter Hinsicht qualifizierte Zuwanderer, für die es auf dem dortigen Arbeitsmarkt eine Nachfrage gibt ins Land. Deutschland hat diesen oder andere Filter nicht. Von daher ist Deutschland das Land der Wahl für all diejenigen, denen ein Platz auf dem Arbeitsamtsflur bereits das dreifache Einkommen beschert, das sie hätten, wenn sie im Herkunftsland blieben. Entsprechend viele schlecht bis gar nicht Qualifizierte haben wir in Deutschland zu versorgen, wobei es natürlich auch schlecht bis gar nicht qualifizierte Deutsche gibt. Dies sei aus Gründen der politischen Korrektheit ausdrücklich eingeräumt. Weiterhin sei eingeräumt, dass es natürlich auch viele hochintelligente Menschen mit Migrationshintergrund gibt. Über das statistische Mittel betrachtet kommt man jedoch nicht umhin, einen relativ geringen Durchschnitts-IQ zu konstatieren.

"Welches ist bästä Schulä? Ah, Gymnasium. Gäht Kind dahin." Letztes Jahr selbst hautnah erlebt. Und das Dilemma besteht darin, dass in NRW die Eltern das letzte Wort bei der Schulwahl haben. Einerseits sehr richtigerweise, denn die Eltern, die das auch tun, können aus der intensiveren Kenntnis des eigenen Kindes dessen Perspektiven auf die nächsten nahezu 10 Jahre grundsätzlich besser abschätzen, als die pädagogischen Fachkräfte an den Grundschulen. Andererseits können auf dieser Verfahrensgrundlage auch diejenigen Eltern, die nicht qualifiziert und verantwortungsvoll die relevanten Fragestellungen bedenken und deren Kindern bei verständiger Würdigung keine vernünftige Erfolgsprognose erteilt werden würde, ihre Kinder auf die Gymnasien schicken.

Nun sollte in NRW alles besser werden. Die Lehrer sollten künftig das letzte Wort bei der Schulentscheidung erhalten. Hieß es. Schlecht für die Kinder, deren Perspektiven tatsächlich besser sind als Lehrerseits eingeschätzt. Insgesamt aber gut für das Qualitätsniveau auf dem Gymnasium. Schaut man sich jetzt aber die gesetzliche Regelung im Wortlaut an, stellt man fest, so viel hat sich gar nicht geändert:

Die Grundschule erstellt mit dem Halbjahreszeugnis der Klasse 4 auf der Grundlage des Leistungsstands, der Lernentwicklung und der Fähigkeiten der Schülerin oder des Schülers eine zu begründende Empfehlung für die Schulform, die für die weitere schulische Förderung geeignet erscheint.Ist ein Kind nach Auffassung der Grundschule für eine weitere Schulform mit Einschränkungen geeignet, wird auch diese mit dem genannten Zusatz benannt. Die Eltern entscheiden nach Beratung durch die Grundschule über den weiteren Bildungsgang ihres Kindes in der Sekundarstufe I, soweit nicht nach einer pädagogischen Prognose zu diesem Zeitpunkt dessen Eignung für die gewählte Schulform offensichtlich ausgeschlossen ist. Das in der Verantwortung der beteiligten Schulen und der Schulaufsicht liegende Übergangsverfahren wird in der Ausbildungsordnung geregelt. Die abschließende Entscheidung über eine offensichtliche Nichteignung trifft das Schulamt auf der Grundlage eines Prognoseunterrichts.

Lediglich bei "offensichtlicher Nichteignung" kann dem Kind eine bestimmte Schulform aufgezwungen werden. Man wird in den nächsten Jahren etliche Gerichtsverfahren sehen, die klären sollen, was denn "offensichtliche Nichteignung" bedeutet. Auch problematisch ist die Feststellung dieser offensichtlichen Nichteignung im Rahmen eines "Prognoseunterrichts". Auch hier wird man streiten, wie so etwas auszusehen hat und ob es sich überhaupt um ein taugliches Werkzeug zur Feststellung der weitreichenden Folgen für das betroffene Kind handelt.

Als ich mich damals im Übergang von der Grundschule befand, wurden noch flächendeckend in den Aulen mit allen Schülerinnen und Schülern Intelligenztests durchgeführt. War das besser? Hatte das überhaupt rechtsverbindliche Auswirkungen? Ich weiß es nicht. Sicher ist nach meiner Meinung jedoch, dass es objektiver Eintrittskriterien für die verschiedenen Schulformen bedarf. Landesweite Tests in der ersten Hälfte des vierten Schuljahres könnten bei vernünftiger Ausgestaltung und Durchführung hier bestimmt eine sicherere Entscheidungsbasis schaffen, als die Durchführung von unterschiedlichen Prognoseunterrichten in den unterschiedlichen Zweifelsfällen. Außerdem dürfte die Zahl der Zweifelsfälle so hoch sein, dass man irgendwann vor dem Aufwand der Durchführung des Prognoseunterrichtes kapitulieren und nur noch die ganz "Oberkrassen" blockieren wird.

Am Ende läuft es wahrscheinlich auf die faktische und danach auch tatsächlich rechtliche Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems hinaus. Dann werden die Schwachen das Leistungsniveau des deutschen Bildungssystems endgültig dominieren. Diejenigen, die es sich leisten können und da werden wir immer mehr Eltern sehen, die sich das nötigenfalls vom Mund absparen, werden ihre Kinder auf Privatschulen schicken, die bereits jetzt einen exzellenten Ruf, nicht zuletzt wegen ihrer modernen Didaktik, besitzen.

Leider ist es offenbar in Deutschland akzeptierter, Zweiklassen-Systeme zu fahren, als vorhandene sinnvolle Lösungen, wie das dreigliedrige Schulsystem verantwortungsbewusst zu erhalten.

(Foto: www.pixelquelle.de / Fotograf: ro18ger)

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