Axolotl Roadkill

Mifti ist ein ziemlich außergewöhnlicher Jugendlicher und unterscheidet sich damit tatsächlich nicht besonders vom Axolotl. Seit dem Tod ihrer Mutter lebt sie in Berlin, bei ihren ebenfalls ziemlich durchgeknallten Geschwistern und mit einem Vater im Hintergrund, der das Sich-Kümmern auch nicht gerade mit der Muttermilch aufgesogen hat. Gerade mal 16 Jahre alt ist das Mädchen bereits abgebrühter als viele andere in deutlich höherem Alter. Drogen sind für sie nicht interessanter als ein alltägliches Frühstück, man nimmt sie einfach. Frauen sind erotisch, vögeln lässt sie sich dann doch lieber von schmierigen Typen. Berlin ist dabei wie gemalt als Kulisse für ein Kind, das komplett daneben ist und es dabei schafft, doch mit glasklarem Blick hinter die Fassaden zu sehen und ihre gesamt Umwelt dermaßen gestochen scharf zu analysieren und dabei zu entlarven, dass einem manches Mal beim Hören eine Gänsehaut überfällt. Das extreme Kokettieren mit ihrem desolaten Zustand, ihren Handlungsweisen und ihrer Verrohtheit kann keinen kalt lassen.

 

Doch trotz aller Heftigkeit oder vielleicht genau deswegen ist das Buch nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse und man darf gespannt sein, wie sich die Jury entscheidet.

 

Die Figur der Autorin ist nicht minder interessant. Und umstritten ohne Ende. Doch im Gegensatz zu ihrer Protagonistin bekommt sie im zarten Alter von 17 Jahren deutlich mehr auf die Reihe. Helene Hegemanns Schreibdebüt hat bereits Wellen geschlagen, genau wie Plagiatsvorwürfe und die Beziehung zu ihrem Vater, Carl Hegemann, der Kulturliebenden durchaus ein Begriff ist. Und auch der Verdacht, sie personifiziere in gewisser Weise sich selbst in ihrem Roman – zumindest in den nicht abgekupferten Teilen – ist sicher nicht ganz von der Hand zu weisen, autobiographische Züge nicht zu leugnen. Die Sprache, die sie wählt, ist ziemlich heftig und außergewöhnlich, zeugt zwar in ihrem Aufbau und der Schnelligkeit von Intelligenz und Durchblick, aber auch von absolutem Verzweifeln an der Welt ohne dies je zuzugeben – extrem gut und kaltschnäuzig vertont von Birgit Minichmayr, die ab diesem Jahr die Buhlschaft im Jedermann übernehmen wird.

 

Dieses Hörbuch ist absolut Geschmacksache und ziemlich grenzwertig. Aber es wird mit Sicherheit seine Fans finden.

 

Helene Hegemann: Axolotl Roadkill, gelesen von Birgit Minichmayr, erschienen im Februar 2010 bei Hörbuch Hamburg, 4 CDs mit 242 Minuten Laufzeit, geeignet erst ab 16 Jahren, zu haben für den Preis von rund 20 Euro.

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