Wann beginnt Bildung?

Was ist Bildung? Liest man sich durch die diversen Enzyklopädien stellt man schnell fest, dass der Begriff in verschiedenen Epochen verschieden verstanden wurde und auch heutzutage nicht homogen aufgefasst wird, niemals aber im Kern das ausdrücken wollte, was unsere Politiklandschaft in den Vordergrund rückt: die schulische Ausbildung. Ich finde persönlich die Definition von Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts sehr sympathisch. Danach ist "Bildung eine kommunizierende Röhre zwischen der Welt an sich und dem Individuum. Sie ist der Prozess zwischen dem Möglichen und dem, was wirklich passiert." Bildung ist danach immer und überall. Ob alle denkbaren Bildungsmöglichkeiten immer so in das Denkschema heutiger "Experten" passen, ist eine ganz andere Frage.

Bildung beginnt also mit der Geburt und endet mit dem Tode. Jedenfalls nach der von mir favorisierten Definition. Ziehen wir mal meine beiden größeren Kinder als Beispiele heran. Schon als Babies waren die Zwei ständig auf Entdeckungsreise. Um den Wissensdurst in die vermeintlich richtigen Bahnen zu lenken, haben wir sehr früh angefangen, Bilderbücher zum Anschauen anzubieten und auch schon vorzulesen. Das Wissen, welches sich aus den Büchern und Geschichten ergab, fanden die Kids nicht in jedem Falle interessant. Sie waren freundlich und hörten zu, aber mehr gab es als Versprechen nicht. Mein Sohn widmete sich mit knappen zwei Jahren dann lieber mit Akribie dem Studium verschiedener Automarken. Anhand von Informationen zu Dinosauriern konnte ich ihn dann später wieder mit Büchern einfangen. Hier entwickelte er sich zum regelrechten Experten.

Auch wenn ich nicht allen Themenwelten meiner Kinder in den letzten 10 Jahren folgen konnte, kann ich doch eines mit Sicherheit sagen. Die Beiden sind mit großer Wissbegierigkeit unterwegs und entwickeln erhebliche Kenntnisse in allen Bereichen, von denen ihr Interesse geweckt wird. Aktuell sind Pokémon, Yu-Gi-Oh, aber auch Meerestiere und Pferde, sowie Geschichten von Cornelia Funke die Renner. Stellen Sie dazu eine Frage. Die Kids kennen die Antwort. Dennoch würde man wohl im strengeren Sinne dieses Wissen nicht als Bildung verstanden wissen wollen. Warum eigentlich nicht?

Weil man das nicht gebrauchen kann, sagt vielleicht der Durchschnittsbürger. Kann sein. Pokemon als Abiturfach gibt es eben nicht. Das ist auch nicht das Lernenswerte aus den einfach zu gewinnenden Erkenntnissen über das Lernverhalten von Kindern. Das Lernenswerte ist: Wenn Kinder etwas wirklich interessant finden, werden sie sich nicht vom Lernen abhalten lassen. Sie wollen dann unbedingt alles zum Thema erfahren, entwickeln dabei enorme Anstrengungen und empfinden es nicht einmal als Belastung.

Warum beugt sich das sog. Bildungssystem nicht vor dieser Erkenntnis und nimmt sie als Lösungsansatz auf. Wenn Kinder alles bereitwillig lernen, was sie interessiert, warum gestaltet man dann die zu bearbeitenden Themen nicht entsprechend interessant? Warum holt man die Kids nicht da ab, wo sie stehen? Warum müssen unsere Kinder sich stets und ständig auf den Lehrer und seine speziellen Eigenheiten, sowie denjenigen des auf Frontalunterricht ausgerichteten Zwangsbeschulungssystems zubewegen?

Natürlich ist nicht jedes Thema sexy. Überrascht war ich daher, als meine Tochter mir kürzlich erzählte, sie wäre jetzt in die Mathefördergruppe gekommen und der Unterricht hätte richtig viel Spaß gemacht. Meine Tochter hasst Mathe! Die Lehrerin habe ganz anders unterrichtet als üblich. Matheaufgaben wären in Spiele und Rätsel verpackt worden. Das habe sie gut verstehen können und das wäre richtig toll. Ihr trauriges Fazit: "Schade, dass Mathe nicht immer so ist!"

Leute, Ihr wart doch auch alle mal Kinder. Habt Ihr das vergessen? Habt Ihr wirklich vergessen, wie es ist, ein Kind zu sein?

(Foto: www.pixelquelle.de / Fotograf: Dietmar Meinert)

7 Meinungen

  1. Hallo,Bildung ist ein schwieriges Thema.Viele Zeitschriften warnen bereits,die Menschen sollten Kinder bleiben und die Wissbegierigkeit bewahren.Aber die Bildung ist mehr. Die Bildung ist nicht das was man der Schule an lernerfolgen entnehmen kann,Bildung ist selbst nachzudenken und entscheiden was gut und schlecht ist,und der Wahrheit stets hinterherlaufen.Das ist auch der Sinn der Schule: Das selbstständige in einem Menschen zutage fördern und ihm beizubringen alles zu erforschen und so zu verstehen.

  2. .Interessant. Warum schaffen unsere Lehrer das nicht?.

  3. Sehr schöner Artikel. Ich kann mich der Meinung von Herr Petereit nur anschließen. Kinder lernen nur, wenn sie wirklich was interessiert. Nur der Unterricht ist meistens so trocken gestaltet, dass es niemanden Spaß macht und antreibt sich ein bissl mehr mit dem Thema zu befassen. Denke mal das liegt auch oft an den Lehrern und deren Lernmethoden selbst. Habe früher selber immer festgestellt, dass der Unterricht mit jüngeren Lehrern sehr viel mehr Spaß gemacht hat, als mit älteren Lehrern. Weil sie einfach besser unterrichtet haben. Was bringt einem ein Lehrer mit sehr viel Wissen und viel Erfahrung, wenn er es so trocken rüberbringt, dass man kurz vor dem Einschlafen ist?

  4. Das ist eine schwierige Frage, die Du da aufwirfst. Darüber habe ich mir auch schon gedanken gemacht. Auch wenn man im Fernsehen dieverse Sendungen schaut, wie „Wer wird Millionäre“ und Co., dann könnte man glauben, dass nur die Fragen, die dort gestellt werden zur Bildung gehört. Dem ist aber meiner Meinung nach nicht so, da zur Bidlung viel mehr dazugehört.Bei Deiner Frage, warum man unsere Kinder Lehrern aussetzt, die immer etwas eigenwillig sind, habe ich keine Anwort. Du hast schon Recht, dass Kinder von ganz alleine lernen. Aber das was sie lernen entspricht nicht immer dem, was die Gesellschaft von einem erwartet. Ich denke da liegt das Problem. Wie bringt man Kinder dazu, freiwillig das zu lernen was für sie später im Beruf und Studium wichtig ist?

  5. .@Stefan: Zunächst müsste man erst mal schauen, ob all das, was die lernen müssen, wirklich sinnvoll und wichtig ist und später gebraucht wird. Bei kritischer Betrachtung würden sich die Lehrpläne sicherlich ausdünnen und die daraus resultierende entspanntere Form des Lernens könnte schon zu mehr Interesse am Unterricht führen. Wer entwickelt schon Spaß an einer Sache, die ihn permanent unter Druck hält?.

  6. na ja, ich denke man muss unterscheiden zwischen dem, was man als Mensch wirklich wissen will und was man wissen sollte. Klar gibt es Themen, die einen nicht interessieren und deshalb langsamer lernt bzw. ungerne. Das Leben besteht aber eben nicht nur aus interessanten Dingen, zumal diese subjektiv und sehr unterschiedlich sind. Ein anderes Thema sinc natürlich Lernmethoden, die ein klangweiliges Thema für Kinder durchaus interessanter und deshalb leichter verständlich machen können, sprich „lernbar“ machen. Hier sollte man ansetzen, sonst mag sich jemand mal vorstellen, was passiert mit unserer heutigen Gesellschaft, wenn keiner mehr zur Schule geht und nur noch das lernt, was er will …

  7. MisterInfo Nachrichtenhier findet man mehr infos

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