Für die einen ist der Videobeweis im Fußball das Allheilmittel auf dem Weg zu einem gerechteren Wettbewerb, für die anderen ist er technisches Teufelszeug, das dem Sport schadet. Auf welcher Seite Felix Magath steht ist eindeutig. Nach dem zu Unrecht aberkannten Tor von Patrick Helmes im Spiel gegen den FC Bayern forderte er die Einführung des Videobeweises. Der Wölfe-Trainer hustete und prustete, sprach auf kicker.de sogar von einer „katastrophalen Schiedsrichterentscheidung.“ Doch würde der Videobeweis dem Fußball gut tun?
Tennis, American Football, Fechten: Der Videobeweis ist weit verbreitet
Mann muss es einmal sagen. Schiedsrichter haben keine leichte Aufgabe: Im Gewühl von Beinen und Leibern müssen sie in Sekundenbruchteilen wichtige Entscheidungen treffen. Schwalbe oder Foul? Elfer oder Abstoß? In der Mehrzahl der Fälle haben die Männer an der Pfeife Recht, aber eben nicht immer.
Viele andere Sportarten haben den elektronischen Helfer schon eingeführt. Besonders in den US-Profiligen greifen die Unparteischen oft auf die Zeitlupe zurück, um strittige Situationen genau zu beurteilen. Beim American Football dürfen die Trainer beider Teams zweimal pro Spiel Entscheidungen des Schiedsrichters anzweifeln, der dann 60 Sekunden Zeit hat die Szenen auf einem Fernsehbildschirm noch einmal neu zu bewerten. Auch beim Tennis ist das „Hawk-Eye“ weit verbreitet und fügt sich gut in den Spielablauf ein. Der Blick zu anderen Sportarten zeigt also, die nötige Technologie ist vorhanden. Ob man einen Chip in den Ball verpflanzt oder einen Schiedsrichter-Assistenten vor einen TV-Bildschirm setzt spielt eigentlich keine Rolle.
Fehlentscheidungen& Skandale: Wovon der Fußball lebt
Aber ist ein „gerechter“ Fußball ohne Fehlentscheidungen wünschenswert? Dann hätte es 1966 kein legendäres Wembley-Tor gegeben. Diego Maradona hätte nie die „Hand Gottes“ zur Hilfe genommen. Fußball ohne Diskussionen, Legenden und Dramen? Langweilig! Außerdem ist es fraglich, ob sich die elektronischen Hilfsmittel harmonisch in den Fußball einführen würden. Beim Football und beim Tennis gibt es zahlreiche Pausen, in denen Entscheidungen überprüft werden können. Der Fußball hat jedoch einen eigenen Fluss, einen Rythmus der durch viele Unterbrechungen nur gestört werden würde.
Felix Magath vs. FIFA: Die Debatte um den Videobeweis
Mit seinem Ruf nach dem TV-Beweis ist Felix Magath überigens nicht allein. Sogar der DFB zeigt sich offen für technische Hilfsmittel: „Wir müssen uns bemühen, die Ergebnisse gerechter zu machen, was natürlich nie ganz gelingen wird. Auf den ersten Blick drängt sich der Einsatz z.B. von TV-Bildern auf,“ wird DFB-Chef Theo Zwanziger auf Zeit Online zitiert. Gleichzeitig betonte er aber, dass Spiele „nicht zu oft und zu lange unterbrochen“ werden dürfen. Der Fußball Weltverband FIFA, das allein über die Einführung des TV-Beweis entscheidet, ist jedoch eindeutig gegen elektronische Hilfsmittel. Vor einigen Jahren äußerte sich FIFA Generalsekretär Urs Linsi zu der Debatte: „Spieler, Trainer und Schiedsrichter machen Fehler. Das ist Teil des Spiels. Wir bei der FIFA haben immer bekräftigt, dass das menschliche Element gewahrt werden muss.“ So wird sich Trainer Magath aller Vorraussicht nach also noch häufiger wie Rumpelstilzchen an der Seitenlinie aufführen und an den Entscheidungen der Schiedsrichter verzweifeln. Ein Glück.
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