Wer bin ich?
Als Sibylle Aurich in einem Krankenzimmer erwacht, kann sie sich genau daran erinnern, dass sie einen kleinen Sohn hat, und dass dieser entführt wurde. Sie weiß, wer sie ist und sie merkt schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Der 34-Jährigen gelingt die Flucht und mithilfe einer „etwas durchgeknallten“ Frau, die sie im Nachthemd auf der Straße aufgesammelt hat, kehrt sie heim zu ihrer Familie. Doch diese Familie gibt es nicht. Ihr Mann Hannes erkennt sie nicht wieder und behauptet, steif und fest, kein Kind zu haben. Und auch nie eines gehabt zu haben. Und schon gar nicht mit ihr. Mit ihrer besten Freundin geht es ihr ähnlich, auch ihr Chef hat keinen Dunst, wer sie sein soll. Aber alle vermissen Sibylle Aurich.
Die arme Frau macht eine Odyssee durch. Sie wird verfolgt, fast verhaftet, findet Helfer, die sich später als Feinde herausstellen und kann absolut niemandem mehr trauen. Selbst bei der Polizei findet sie keine Hilfe, im Gegenteil, man versucht sie zu verhaften. Doch dann taucht ein Mann auf, der Sibylles Vertrauen weckt. Seine Geschichte von der Schwester, der es genauso erging und die auf der verzweifelten Suche nach einem Kind, das es nicht gibt und nie gab, erneut verschwunden ist, klingt glaubwürdig und Sibylle schließt sich ihm an. Ein fulminanter Fehler.
Ähnlichkeiten sind nicht zu leugnen
„Der Trakt“ ist, gerade in der Hörbuchfassung, gelesen von Tanja Geke, ein Meisterwerk. An subtiler Spannung eigentlich kaum zu überbieten. Immer wieder glaubt man zu wissen, wie der Hase läuft und immer wieder führt einen der Autor auf die falsche Fährte. Arno Strobel arbeitet mit nur wenigen Erzählsträngen, führt diese geschickt immer wieder auseinander und zusammen und erzeugt so echte Gänsehaut. Wissenschaftler, die anderen Menschen ihre Identität nehmen, um sie zu verpflanzen und so psychische Krankheiten heilen wollen, Ärzte, die, verstrickt in ein Netz aus Korruption, alle Ethik vergessen haben – eine Idee, die ganz automatisch beim Zu-Ende-denken in Gefilde rutscht, die mit Macht, Gier und Elend zu tun haben. Ein bisschen erinnert die Geschichte an Sebastian Fitzeks „Splitter“. Nur nicht ganz so verwirrend und mit mehr Happy-End.
Mit 40 begonnen zu schreiben und schon ein Bestsellerautor
Arno Strobel begann mit Kirchen-Thrillern und ist jetzt auf dem Gebiet der Psychothriller ein Meister seines Fachs. Eigentlich wirkt er völlig ungefährlich, ja sympathisch- Doch nach der Lektüre seiner Bücher bzw. dem Genuss des Hörbuches, fragt man sich unweigerlich, was hinter dieser Stirn noch alles so vor sich geht. Und, um ehrlich zu sein, man will es wissen. Wie gut, dass bald sein neueste Buch „Das Skript“ erscheint.
Arno Strobel: „Der Trakt“, erschienen als Hörbuch bei Argon Hörbuch. Sechs CDS mit einer Gesamtlaufzeit von rund sieben Stunden zu einem Preis von etwa zwanzig Euro.
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