Die Entwicklung der Gothic-Szene auf über 400 Hochglanzseiten
Man könnte dieses Buch ein Bollwerk der Schwarzen Szene nennen und es ist definitiv das erste richtig umfangreiche Nachschlagewerk, das Licht ins Dunkel bringt. Der Band setzt sich sehr genau mit der düster anmutenden Gesellschaft auseinander, beschreibt die Entstehung und Entwicklung der Gothic-Szene genauso wie ihre verschiedenen Kunstformen.
Szeneberühmtheiten haben daran mitgewirkt, aber auch Musikjournalisten und Kulturwissenschaftler. Insgesamt an die 70 Autoren stehen hinter diesem Werk, das von Alexander Nym herausgegeben wurde, der in über zwanzig Jahren Szeneaktivität eine ganze Menge Feldforschung betreiben konnte. Die Autoren wurden gebeten, über das zu schreiben, was sie wirklich wichtig finden. Mit dem Ergebnis eines facettenreichen Sammelsuriums.
Schillerndes Dunkel: Wer lacht, verliert
Eine Vorliebe für das Morbide, Dunkle und Makabre und ein Abwenden von der Plastikwelt des Pop – das ist nur ein Aspekt von vielen. Und natürlich bekommen auch die Themen Fetisch, Okkultismus und Satanismus ihren Raum. Wird nicht verschwiegen, dass so manches Mal auch der Rechtsextremismus hier nahrhaften Boden fand – allerdings unter dem Aspekt, dass, so der Autor, „unabhängig denkenden Menschen nicht erklärt werden muss, dass Intoleranz, Diskriminierung, Gewalt und Rassismus dem friedvollen Miteinander nicht gerade förderlich sind.“
Dieses Buch über ein ‚Schillerndes Dunkel‘ geht hinter die Kulissen, betrachtet die Bewegung hier und da, in Ost und West, beachtet Songtexte, beschreibt Gothic als Konsumgut und beleuchtet die Kunst, die aus der Szene heraus entstanden ist. Geschmückt mit zahlreichen Fotografien ist dieser Band eine wahre Fundgrube für Anhänger der Szene genauso wie für Ehemalige und andere Interessierte.
Alexander Nym (Hg.): Schillerndes Dunkel – Geschichte, Entwicklung und Themen der Gothic-Szene, erschienen im Mai beim Plöttner Verlag. Kostenpunkt: 68 Euro.
Ich bin ja immer vorsichtig, wenn Bücher über eine Szene geschrieben werden (ganz gleich, um welche Szene es sich dabei handelt), denn meistens obsiegen bei solchen Versuchen einerseits das Klischee, andererseits der Zwang, das Buch auch verkaufen zu müssen. Wer – der sich nicht zur Szene zählt – kauft schon das Buch, wenn es nicht all das aufregend Klischeehafte ausbreitet, dass er erwartet (weil er nur das kennt)? Wer – der sich zur Szene zählt – kauft schon das Buch, wenn darin nichts anderes steht, als er es ohnehin schon kennt. Bei dem Buch von Nym ist eine Ausnahme, und ich war überrascht. Denn es geht das Thema mit Ernsthaftigkeit an, scheut nicht vor kritischen Anmerkungen, bietet vielen am Buch Beteiligten ein vollkommen neutrales Podium. Ich selbst zähle mich nicht zur schwarzen Szene, wenngleich ich viele Schnittmengen mit ihren Lebensweisen habe, und trotzdem (oder gerade deswegen?) ist das Buch für mich eine echte Aha-Lektüre.
Mfg
maja