Während viele Volkswirtschaften europaweit an Fahrt aufnehmen, kommt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hierzulande trotz anderslautender Prognosen nicht in Schwung. Das zeigen die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts.
Kein Aufschwung nach dem Abschwung
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag mitteilte, stagnierte das BIP in den Monaten April bis Juni dieses Jahres auf dem Niveau des ersten Quartals 2023. In den beiden Quartalen zuvor war es geschrumpft: Im letzten Quartal 2022 um 0,4 Prozent, und im ersten Quartal 2023 um 0,1 Prozent.
Demgegenüber hatten Analysten mit einem Plus von 0,1 Prozent im zweiten Quartal gerechnet, doch dieser Effekt blieb aus. Gleichzeitig wächst das BIP in Ländern wie Frankreich und Spanien.
Allerdings haben die Expertinnen und Experten von Destatis positiv bewertet, dass sich die Konsumausgaben der Privathaushalte nach dem schwachen Winterhalbjahr stabilisiert haben.
Ernüchternde Aussichten für die zweite Jahreshälfte
Gleichzeitig gibt es Anzeichen für einen wirtschaftlich schwachen Herbst und Winter. So fiel der Ifo-Geschäftsklima-Index das dritte Mal in Folge, ein Indiz für eine sich verschlechternde Stimmung in der Wirtschaft. Gründe hierfür sind die gestiegenen Zinsen und eine immer noch zu hohe Inflation.
Auch andere Zahlen weisen auf eine Wirtschaftsflaute hin: Laut Angaben des Münchner Ifo-Instituts wirkt sich die aktuelle Lage auch auf den bisher stabilen Arbeitsmarkt negativ aus, erste Unternehmen denken bereits über Kündigungen nach.
Indikator für die nationale Wirtschaftsleistung
Das BIP ist der Wert, mit dem die positive oder negative Entwicklung einer Volkswirtschaft definiert wird. In ihm wird alles eingerechnet, was ein Land in einem bestimmten Zeitraum herstellt. Hinzu kommen die Wirtschaftsleistung von Dienstleistungsunternehmen, die Ausgaben der Privathaushalte sowie die Investitionen der Unternehmen.
Dabei werden alle Wirtschaftsbereiche berücksichtigt. Ein weiterer, wichtiger Bestandteil des BIP ist der Außenbeitrag – er ist die Differenz aus dem, was ins Ausland exportiert wird und dem, was von dort importiert wird.
Die Entwicklung seit den Neunzigerjahren
Die Entwicklung des BIP war in Deutschland seit 1990 von Höhen und Tiefen geprägt. Nach der Wiedervereinigung verzeichnete Deutschland in den Neunzigerjahren ein starkes Wachstum des BIP, angetrieben durch Investitionen in den neuen Bundesländern.
In den frühen Zweitausendern verlangsamte sich das Wachstum aufgrund der globalen Wirtschaftskrise, um sich in den Folgejahren wieder zu erholen. Deutschland erwies sich in der Finanzkrise 2008 als sehr widerstandsfähig und erlebte ein robustes Wachstum bis zur Eurokrise in den Jahren 2011 und 2012.
Danach konsolidierte sich das BIP wieder und verzeichnete ein kontinuierliches Wachstum. Die Covid-19-Pandemie führte 2020 zu einem erneuten starken Rückgang des BIP, von dem sich Deutschland im Jahr 2021 aber wieder erholte.
Die wirtschaftliche Entwicklung bleibt jedoch von globalen Faktoren wie dem Ukrainekrieg abhängig. Zudem steht Deutschland vor großen Herausforderungen wie der Digitalisierung und der Energiewende, die weiterhin das BIP-Wachstum beeinflussen.
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