What I loved von Siri Hustvedt

Ja, ich habe mich ein bisschen gequält. Fast 200 Seiten, um genau zu sein. Und in der Zwischenzeit hab ich den bereits 2003 erschienenen Roman „What I Loved" von Siri Huvstedt auch ziemlich oft beiseite gelegt. William alias Bill Wechsler ist Künstler, lebt in New York und malt immer die gleiche Frau. Mal dick, mal dünn, mit dem Schatten seiner Selbst im Bild und einem New Yorker Taxi im Legoformat in Ihrer Hand. Violet, seine Muse, wird später seine Frau, Leo, Käufer eines der Bilder, sein Freund. Zwei Paare, ein Loft, ihre beiden Jungs und die New Yorker Galerie-Szene der 80er, eine Examensarbeit über Hysterie und Essstörungen und viele Gespräche über Kunst. Wechsler Senior stirbt und Bill malt seinen Vater, von hinten, eine Studie über das Altern eines Nackens.

Kunst eben. Nur, was kommt dann? Bills Boxen waren es, kleine und große Räume, voyeuristisch im Detail, über die Geschichte von Hänsel und Gretel mit einer hutzeligen Hexe und ihren Hängebrüsten, Zahlenspiele und einen Wechselbalg, die mich bei der Stange gehalten haben. Ein Kind stirbt und Leo, der Erzähler, berichtet über das Ende einer großen Liebe als sei es die Autopsie seines Sohnes. Ich dachte an John Irving. Ich recherchierte über die Pariser Künstlerin Louise Bourgeouis und ihre „Cells" und dachte es wäre nett, ebenfalls eine Puppenhaus-Variation meiner Kindheit zu konstruieren. Ich sehnte mich nach Bills nächster Box. Und dann kommt Mark. Der stille Knabe von Seite 150 mutiert als Teenager zu einem Clay a la Eston Ellis und spuckt die Patrik Batemans der New Yorker Clubszene in das Leben seiner intellektuellen Stiefmutter Violet und seines Ziehvaters Leo. Bah! Theoretisch greifbar, psychoanalytisch kategorisierbar und real existent so undurchsichtig wie die vernebelten Nächte in den Clubs rast Marks rastloses Leben in die triste Idylle des ergrauenden Kunstprofessors.

Und während der Leser Seite für Seite hofft, es handele sich vielleicht doch um einen Anflug von Schizophrenie wie wir sie von einer Debora a la Hanna Green kennen, dämmert ihm langsam, was ihn erwartet: Ein riesengroßer Haufen Scheiße. Soziale Disfunktion und antisoziales Verhalten heißt das auf Psychologen-Deutsch. Eine Erkenntnis, die höchstens den Seelen-Klempnern, die der junge Mann nun aufsuchen muss, etwas nützt. Bills Boxen werden zur self fullfilling prophecy wenn Leo erst Marks Zimmer und später den Nachlass seines Freundes inspiziert und Dinge findet, die er längst verloren und vergessen glaubte. Die neuen Einsichten öffnen das Tor zu einer Geschichte ohne Happy End. Und in einer Welt, in der nur die überleben, die vorgeben, nicht die zu sein, die sie wirklich sind.

Less than Zero für Intellektuelle und ein Vergnügen für Kunstfreunde.

Eine Meinung

  1. Tolles Buch! Habs im Urlaub in 1 1/2 Tagen „gefressen“

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