Die Kurzgeschichte ist noch immer unterschätzt. Dabei könnte Truman Capote Recht gehabt haben, als er meinte, sie sei „…die schwierigste aller Prosaformen, denn keine andere verlangt vom Autor so viel Disziplin.". Und zeigt sich nicht oft erst in der Kürze die wahre Kunst? In „Tricks" ist alles kurz. Auf eine höchst geniale Art. Und spektakulär unspektakulär.
Eigentlich geht es (wie immer) um große Themen: Liebe und Enttäuschung, Familie, Zeit und Einsamkeit. Aber irgendwie angenehm subtil und in kleinen Geschichten, die Munro in unaufdringlichen Tönen erzählt. Hier passiert keine Weltgeschichte, eher Alltag, so beiläufig wie echt. Mit offenem Schluss, ohne Erlösungs-Pointe oder Moral. Aber voller Weisheit. Wenn man sie suchen mag und zu finden schafft.
Die Autorin lässt sich in diesen 8 Geschichten wenig Platz für prächtige Satzkonstruktionen, ausufernde Beschreibungen und Metaphernpoesie. Zwischen knapper Erzählung und hintergründiger Symbolik entdeckt man statt dessen eindringlich gezeichnete Figuren, die nie verraten werden. Sie kommen und bleiben dem Leser sogar in den Fällen eindeutig unsympathischer Züge nah. Und trotz aller Dramatik schimmert immer auch Lebenslust durch.
Meist lesen wir von Frauen wie Juliet, die uns in verschiedenen Stadien ihres Lebens gleich durch drei der Geschichten aus „Tricks" führt. Wir treffen Ehemänner und Ehefrauen, Mütter und Töchter, Zwillinge, Lehrer und Alkoholiker. Wie im richtigen Leben. Und vielleicht treffen wir zwischen diesen Seiten immer auch ein bisschen uns selbst.
Hin und wieder fällt auch das magische Wort „Nobelpreis" im Zusammenhang mit dem Namen der 74jährigen Kanadierin. Bis dahin könnten wir uns die Geschichten aus „Tricks" ja noch mal von Christian Brückner vorlesen lassen. Oder einfach schon mal gespannt sein auf die deutsche Veröffentlichung ihres nächsten Erzählbands („The View From Castle Rock").
Alice Munro: Tricks; S.Fischer Verlag 2006; ISBN: 3100488261
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