Zwei Wochen das gleiche Frühstück

Für nur eine Übernachtung – als "stop-over" – checken wir an der nordkretischen Küste in eine Art "Ferienkomplex" ein. Die Gäste am Pool fremdeln, als sie unsere dicken Rucksäcke sehen. Sofort zupfen sie ihre Badelaken auf den Liegen zurecht – ob die Invasoren baden wollen? Aber dann bitte nicht hier! Wäre es erlaubt, hätten sie Zäune aufgestellt. Junge Menschen, alte Menschen, alle haben dreiviertellange Hosen an und jedes Männchen trägt die altbewährten Socken zur Sandale. Frauen rösten in der prallen Sonne, durch die Poollandschaft wabert schwäbischer Slang.

Auch hier zeigt sich wieder einmal, daß das Herrenhandgelenkstäschchen durch die Erfindung der Digitalkamera obsolet geworden ist. Diese Kleingeräte, die man inzwischen schon für ein Zeitschrifteabonnement hinterher geworfen kriegt, sind sogar unisex – auch Frauen möchten den kleinen Begleiter nicht mehr missen: "Komm, Vati, stell dich mal da an die Mauer, nä?" Stolz präsentiert sich Vati als großer Weltenbummler. Will das aber jemand sehen? Zu Hause?

Abends gegen halb sieben stehen die Gäste vor der noch verschlossenen Restaurant-Tür. Kinder schreien, junge Menschen sind genervt, zusammengesunken harrt die "Generation 50+" der Öffnung. Ihre Blicke ähneln Flüchtlingen, die auf ihre Reisration warten. Eines quält sie ganz besonders: nur einer wird wirklich der erste sein.

Am nächsten Morgen schmieren sich die Nachbarn Berge von Stullen, "die sind ja hier immer so unpünktlich, wir haben schon zweimal das Essen verpasst". Deren Tischnachbarin befindet, daß "zwei Wochen auch langen, immer das selbe Frühstück", das sei ja nicht auszuhalten! Meine Freundin springt abrupt von ihrem Stuhl auf, "los, wir fahren, das halt ich hier nicht aus in diesem Seniorenstift!" Am Vortag noch voller Schwermut über das Ende des Urlaubs und jetzt kann es nicht schnell genug gehen! Im Nachhinein fanden wir aber, daß das eigentlich ein gutes System war. Nur eine Spur zu brutal.

2 Meinungen

  1. „Diese kann schneller zu Hautkrebs führen als eine BenQ-Anstellung zur Arbeitslosigkeit.“köstlich

  2. Ein tolles Buch für alle übereifrigen Eltern und Pädagogen. Es sagt auf ganz liebe Art und Weise: Nehmt euch Zeit für die Kinder, ganz viel lernen sie einfach nebenbei. Und dazu braucht man keine großartigen Anleitungen.

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