„You only sing when you’re winning“

„Das ist populistische Scheiße! Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid? Eure Scheiß-Stimmung, dafür seid Ihr und nicht wir verantwortlich!“ schrie Hoeneß aufgebrachte Bayern Fans an. Und womit? Mit Recht! Zumindest zum größten Teil, wie ich finde. Ein Blick in die Bayern Classics des dem FCB sehr nahe stehenden DSF ist an dieser Stelle sehr interessant. Man schaue nur mal auf die Zuschauerränge bei Spitzenspielen im alten Münchner Olympiastadion, 15./16. Spieltag, und man sieht: Leere Ränge! Zumindest sind jetzt bei den Spielen – dank der Allianz-Arena – die Ränge voll. Doch niemand mag doch wirklich im Ernst daran geglaubt haben, dass man, wenn man ein neues Stadion baut, ein architektonisches Meisterwerk ohne Frage, damit auch automatisch eine neue Fankultur hervorruft und Stimmung in den Laden bringt.

Die gab es vor der Allianz-Arena nicht und nun eben auch nicht. Es gibt viele Gründe dafür – einer ist offensichtlich: Der durchschnittliche Bayern-Fan reist über 200 Kilometer zu einem Heimspiel, der Verein möchte ganz bewusst eine große Fluktuation von Zuschauern im Stadion haben; es ist eben etwas anderes, wenn an jedem Spieltag neue Leute ins Stadion strömen, wie wenn eine alteingesessene Fangemeinde da ist. Aber auch als die Südkurve noch wirklich eine Kurve war, hat dies nicht das Olympiastadion zum Beben gebracht, oder? Das Stadion ist steril, drum herum gibt es nichts außer den 15-minütigen Marsch von der U-Bahn zur leuchtenden Spielstätte: Kein Entertainment, kein Bierausschank, keine Musik, auch nicht den Hauch von irgendetwas, was den Fan auf das Spiel heiß machen würde (nicht dass dies per se die Stimmung verbessern würde, aber schaden würde es bestimmt nicht…).

Das ist übrigens kein reines Bayern-Problem. Die Stimmung in England, was ja immer als DAS Fußballland genannt wird, wenn es um Stimmung im Stadion geht, hat auch beträchtlich abgenommen, insbesondere in den großen Stadien der bekannten Klubs. Sowohl im (noch) alten Anfield-Stadion, als auch im Emirates oder gar dem selbsternannten „Theatre of Dreams“ herrscht oft eine so schlechte Stimmung, dass die Auswärtsfans die Heimfans akustisch bei Weitem übertreffen. In England mag das vor allem mit dem sozio-demografischen Strukturwandel der Fußballfans – insbesondere nach dem Taylor Report und der Einführung der Premier League – zusammenhängen. Ein neues Phänomen ist das, was bei den Bayern passiert, jedoch definitiv nicht!

Ob die Stimmung in der Allianz Arena bei einer Stehplatzzahl von 40000 und einem Eintrittspreis von 5 Euro besser wäre, wage ich stark zu bezweifeln. Ganz abgesehen davon, dass ich nicht viel von dieser „Früher-war-alles-besser-Mentalität“ halte, zumindest nicht dann, wenn das Paulaner Freibier am Ende der Saison, die Hypovereinscard mit den tollen Bayern-Vorteilen und die (Welt-)Stars Toni, Kahn, Klose & Co für gut, aber die „Scheiß-Millionäre“ in den Logen für minderwertig gehalten werden. Auch ich sehe viele Dinge kritisch, was einige Entwicklungen im kommerziellen Fußball angeht, und über die sollte man auch diskutieren, dann aber fair und sachlich, vielleicht nicht ganz mit dem Temperament von Herrn Hoeneß, wobei er in der Quintessenz recht hat.

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3 Meinungen

  1. Gut argumentiert. Mir fehlt leider die Erfahrung eines Bayern-Heimspieles, um die gesamte Situation objektiv beurteilen zu können.Was klar ist: In Münchner Stadien ging noch nie die Post ab. Das Bayern-Ländle war – vom TV-Bildschirm aus betrachtet – immer ein ruhiges ohne große Aktion oder Stimmung. Dass sich ein Stimmungsloch nicht mit einem neuen Stadion beheben lässt, ist wohl selbstverstaändlich.Die Hütte ist voll, weil jeder Mal die neue Arena sehen will. Für Stimmung sorgen in den Arenen jedoch die Fans, die an jedem (zweiten) Spieltag in der Kurve stehen. Da fehlt’s ein wenig.Ein Verein kann vielleicht blockieren, aber gute Stimmung niemals verhindern, wenn es von den Zuschauerrängen so gewollt ist. Wohl eher sollten sich die Fangruppierungen zusammen setzen und abstimmen, wie man mehr Stimmung in die Allianz Arena bringen kann. Im zweiten Schritt sollte ein Austausch zwischen den Fanvertretern und dem Verein stattfinden, in dem erläutert wird, wie der FCB seine Fans unterstützen kann, um eine Stimmungsoffensive zu erzielen.Denn eins ist klar: Die Zuschauer können nicht ohne das kickende Personal auf dem Rasen und der Verein kann nicht ohne die zahlenden Fans

  2. Der Artikel ist wohl formuliert, in der Tat. Auch die in der obenstehenden Replik genannten Maßnahmen finden meine ungeteilte Zustimmung.Ich habe bereits mehrere Spiele in der AA verfolgt, das Problem ist in München, dass der Stadionbesuch eine Alternative zum Theater, Museum oder Biergarten darstellt. Wenn das noch mit der Belastung Menschen- oder Autostau verbunden ist, reduziert das die Bereitschaft des AA-Besuchers, das eigene Team zu unterstützen: Man will unterhalten werden, anstatt selbst aktiver Teil des Stadionerlebnis‘ zu werden. Wie beim CL-Spiel im März 07 gegen Real gibt es auch Ausnahmen – dennoch kam auch in diesem und dem Spiel gegen Milan die Unterstützung in erster Linie von vlt 5-10000 Fans in den Kurven, der Rest ließ sich noch viel zu selten anstecken. I bin fast oiwei der oanzige der plerrt ;(Das kann sich irgendwann rächen. Lothar Matthäus sollte übrigens unbedingt nächster Bayern-Coach werden. Dessen intellektuelle Kapazität verhält sich zwar indirekt proportional zum Volumen der Knolle, LM jedoch wiegt dies durch seine enorme Leidenschaft für den Fußball locker und total dynamisch auf. Die einzige Alternative jedenfalls isser zu Christoph Daum.

  3. Als Köln-Fan, der aktuell nur zu gern mal auf Christoph Daum aufgrund fehlenden Konzeptes rumhackt, ist mir unser Messias schlussendlich doch lieber als Loddar.Die beiden auf eine Stufe zu stellen finde ich schon gefährlich und müßig. Besonders, wenn man den bisherigen Werdegang als Trainer verfolgt. Für Bayern ist LM wohl noch zu unerfahren. Daum werden die Bayern-Bosse sich wohl nicht ins Boot holen. Für Wirbel sorgen Hoeneß, Rummenigge und Co. schon genug 😉

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