Wer schreibt, beschreibt sich

Die Angemessenheit ist eine oft vergessene Regel. Die Textgestalt und das Thema sollten miteinander harmonieren. Hier entwickelt eine Adeptin der hohen Kunst der Soziologie bloggewordene Panik aus unangemessen Gründen. Sie barmt, alpträumt und zetert, dass ich schon befürchtete, Dieter Bohlen wäre Kanzler geworden. In der Realität aber ist es noch nicht einmal die bevorstehende Abschlussarbeit,  die sie derart in kalten Schweiß versetzt – was ja fast noch zu verstehen wäre – es ist die bloße Themensuche für eine Abschlussarbeit, die noch in neblichter Ferne liegt: «Unheimlich, die Entwicklung der letzten Stunden, Tage, Wochen, vieles braut sich ungut zusammen, wirre Alpträume durchzucken komaartige Tiefschlafphasen, feine Nadelstiche durchbohren Nachtgedanken, jeder Traum dreht sich ums Versagen, um Kollapse, Fehlleistungen, schliesslich um Blutegel, die den letzten Rest Lebenssaft aus mir heraussaugen, sogar als Samichlaus versage ich im Traum, mein Gottimeitli weint, in Kostüm und Bart sitze ich niedergeschlagen neben einem leeren Sack, Freud hätte seine helle Freude, mich zu sezieren, ist aber gar nicht nötig, man braucht kein Hellseher zu sein, um die Unruhe auf die Spannungen zurückzuführen, die auch die Tage durchziehen: Themensuche für die Abschlussarbeit.»

Die üblichen Themen solcher Abschlussarbeiten sind aber ein wenig zu überfordernd: «Entmutigende Reaktionen realistischer Betreuungspersonen treiben zum Fazit, dass das zu schwierig, unnötig kompliziert, eigentlich nahezu unmöglich sei.» Deshalb entscheidet sich unser Meitli für ein Thema, bei dem sie sich auskennt: «Das Ausufern ist sozusagen Programm, Forschungslücke reiht sich an Forschungslücke, aber im Dschungel der Forschungslücken irrt man gnadenlos umher, ich jedenfalls sehe zurzeit vor lauter Wald keinen einzigen Baum. Das Stichwort Partnervermittlung bringt mich dann schliesslich zu meinem ursprünglichsten und langjährigsten theoretischen sowie lebenspraktischen Anliegen zurück: die Liebe.» Nun ja, jedem das, was ihm nahe liegt.

Man könnte diese thematische Achterbahn, die mit dem verdutzten Leser ratzfatz durch die Hölle der Schönheitschirurgie und dann wieder durch den Himmel der Liebe rast, unter "Alltäglicher Wahnsinn in Blogville» rubrizieren. Ich denke aber, dass der Text in gewisser Weise exemplarisch ist, nur deshalb steht er hier. Denn auch in den Blogs gilt schließlich die große Regel allen Textens: Wenn ein Mensch schreibt, dann erfahren wir zunächst einmal viel über diesen Menschen und gar nicht mal so viel über seine Inhalte.

So auch in diesem Beitrag, wo letztlich ich als Person meinen Kopf für mein Geschreibsel hinhalten muss: Gott schütze Bremen und alle Bremer wie mich! …

Allen Lesern des Wörterblog aber einen guten Rutsch ins Neue Jahr! 

10 Meinungen

  1. Horst-Christian Weisser

    Wer im Glashaus sitzt, lieber Herr Jarchow…Wer einen verquasten Begriff wie „Intellektual-Truppen“ ins Feld führt, um ein Mitglied der Blogosphäre zu verurteilen, verspielt seine Expertenschaft. Oder ist hier der Scharfrichter mit dem Sprachpfleger durchgegangen?Ein milderes Jahr 2007 wünscht IhnenHorst-Christian Weisser

  2. Intellektual-Truppen sind aber immer noch weit besser, als wenn amerikanische Truppen vor der Türe stehen!In diesem Sinne: Alles Gute für 2007!Phrasendrescher Textspeier

  3. Mein Thema hier ist die Angemessenheit. Man beachte dabei den Kontext: Das Vorhandensein von Inhalten («Intellektual-Truppen») als notwendige Voraussetzung allen Textens habe ich nämlich als generelle Regel formuliert: Betrifft also mich und dich und Müllers Erich …

  4. Danke für die Intellektual-Truppen! Wir müssen in 2007 uinbedingt noch mehr nach Abstraktionsgraden RUBRIZIEREN……Wow, das ist ein feines Wort. Liest sich mehr wie Rubens, denn wie Rubrik oder so.Ach „by the way“: Größtmögliche Jahresendlobhudelei an Herrn Textspeier. Versprochen ist verbrochen.Unverständlichen Gruß sogar nach BremenCAF

  5. Um es in der Sprache des Web 2.0 zu formulieren:[] Sie haben verstanden, worum es beim Bloggen geht.

  6. Vor allem wäre die Kombination dieser Wissenschaften unglaublich interessant, um das Leben dieser Außerirdischen soziologisch endlich mal eingehender zu erforschen – und sei es nur im Rahmen einer Abschlussarbeit.;-)

  7. Der Glaube an Ausserirdische irritiert mich, es soll eine Hotline für UFO-Entführungsopfer geben (man stelle sich mal eine soziologische Auswertung der in solchen Gesprächen vermittelten Deutungsmuster vor), Science Fiction floriert, und entsprechend auch die sogenannt seriöse Wissenschaft, Mozart wird ins All geschickt (um bei den werten Unbekannten einen guten Eindruck des künstlerischen Schaffens auf Erden zu hinterlassen), oder Goldplatten mit eingravierten mathematischen Formeln (denn wenn irgendwo intelligentes Leben leben sollte, wird es ohne Zweifel früher oder später auf den Satz des Pythagoras kommen), man soll sogar eine kleine Box mit persönlichen Gegenständen ins All verfrachten lassen können, um bei den glücklichen galaktischen Findern gleich eine ganz individuelle Botschaft anbringen zu können und sich damit ein Stück Unsterblichkeit zu garantieren. Wer hat’s erfunden?

  8. Jetzt reicht es aber wirklich!Dieses anthropozentrische Gejammer á la „…es soll eine Hotline für UFO-Entführungsopfer geben!“. So etwas ist absolut unangemessen im Anbetracht des realexistierenden Elends, der auf diesem Planeten gestrandeten Exoterristen. Wer kümmert sich bitte um uns? Sex mit Menschenfrauen, das war schon gewöhnungsbedürftig. Dazu die extrem rassistischen Filme und TV-Serien wie Alien, ET, Mork, Alf, etc. Es ist entwürdigend. Vielleicht sollte sich das Meitli da mal drum diplomieren, dann stände sie in der Tradition des famorösen Erich v. D…………CAF

  9. Sind diese Metli alle so?“Ich sehe furchtbar aus. Das Essen ist abscheulich. Und das Gejammer dieser Alten! Alles ist faul hier. Es stinkt nach Fäulnis. Es stinkt sogar hier draussen. Faule Körper. Alles ist verdorben. Unzivilisiert.“ http://ariane.nzzcampus.ch/

  10. Es ist zu befürchten: Die Grammatik, sogar der Stil intakt. Anderes weniger …;-)

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