Im Rahmen der VDI-Tagung Fahrzeugsicherheit 2019 wurde zum Pressegespräch im Kaminzimmer unter Moderation von Dipl.-Ing. Christof Kerkhoff (VDI FVT) geladen. Thema: die von EU und Bundesregierung anvisierte Halbierung der Verkehrstoten bis zum Jahr 2030.
Dass diese hehre Wunsch in Erfüllung geht, schien den Referenten Prof. Dr.-Ing. Rodolfo Schöneburg (Daimler AG), Prof. Dr.-Ing. Steffen Müller (TU Berlin), Dipl.-Ing. Jürgen Bönninger, (Fahrzeugsystemdaten GmbH) indes wenig wahrscheinlich. Assistenzsysteme, da war man einer Meinung, haben schon etliche Menschenleben gerettet und unsägliches Leid verhindert. Nur bedauerte Prof. Schöneburg, dauere es schlicht sehr lange, bis sich Systeme zum Wohle aller auf breiter Ebene durchsetzen. Ein grundsätzliches Problem stelle diesbezüglich der recht betagte deutsche Pkw-Bestand dar. Sicher, Autos sind teuer, halten länger und werden daher nicht wie einst bereits nach einstelligem Lebensalter verschrottet.
VDI sagt unkomplizierte Updates für Assistenzsysteme voraus
Aus Warte der Nachhaltigkeit ist obiger Umstand ganz prima, aus Sicht der Unfallverhinderung alles andere als das. Grund, na klar: Die Assistenz- und Sicherheitssysteme beziehungsweise das Fehlen selbiger. Denn nachrüsten lassen sich derlei Helferlein in älteren Wagen nicht, auch nicht durch Softwareupdates. Wohl aber, da gaben sich die Experten positiv, wäre letzteres in Zukunft tendenziell viel eher möglich. Denn die Bedingung, dass das nötige Quartett aus Software, Steuersystemen, Sensorik und Aktorik an Bord eines neuen oder zukünftigen Fahrzeugs ist, wird wesentlich leichter erfüllt. Da lange es dann, mit einem Update neue Features aufzuspielen, die den bereits verbauten Bestandteilen zu weiteren Fähigkeiten verhelfen.
Verbesserte Fahrzeugsicherheit gibt es nicht umsonst
Allerdings, da gaben sich die Herren Ingenieure keinen Illusionen hin, könne aufgrund der ganzen Sensorik ein Parkrempler schon zu einer kostspieligen Angelegenheit werden. Das Fahren respektive der Unterhalt eines Fahrzeugs wird damit zwangsläufig teurer, und mit einem kaputten Sensor könne ein Autos künftig durchaus den Dienst verweigern. Denn zum funktionalen autonomen Fahren gehört schließlich auch eine vollumfänglich funktionale Sicherheitsausstattung. Jegliche Assistenten seien sehr hilfreich, bekräftigte Prof. Bönninger, doch wie menschliche Fahrer könnten Autonome Fahrzeuge genauso ihre Zulassung verlieren, wenn sie Mängel offenbaren. Überhaupt, gingen von den menschlichen Fahrern die größten Probleme aus.
Angepasste Fahrausbildung könnte Unfallzahlen senken
So regte Prof Bönninger an, die praktische Fahrausbildung verstärkt an lokalen Unfallschwerpunkten durchzuführen. Diese seien aus der elektronischen Unfallsteckkarte ohnehin bekannt und daher unproblematisch verfügbar. Darüber hinaus seien Umschulungen für ältere Verkehrsteilnehmer zu erwägen, etwa bei einem Umstieg vom Auto oder dem ÖPNV auf ein Pedelec – hier sind die Unfallzahlen mit älteren Verkehrsteilnehmern besonders alarmierend. Auch könne die Einführung einer Helmpflicht maßgeblich helfen, die Anzahl der Verkehrstoten und -schwerverletzten zu reduzieren.
Datensammeln tut Not
Auch Daten und Vernetzung kamen beim Pressegespräch der VDI-Tagung nicht zu kurz: So wies Prof. Schöneburg darauf hin, dass es für eine Steigerung der Fahrzeugsicherheit unabdingbar sei, Unfalldaten ähnlich einer Flugzeug-Blackbox massiv und deutlich umfassender zu sammeln als bislang. Nur so sei es den Herstellern möglich, die Hergänge wirklich exakt zu eruieren und diese Erkenntnisse in die Konstruktion künftiger Kraftfahrzeuge einfließen zu lassen. Die Frage, in weit für die Car-2-x Kommunikation ein Netzausbau nötig sei, wurde dahingehend dass die Infrastruktur entsprechend aktualisiert werden müsse. Ob 5G oder WLAN das Rennen mache, sei unerheblich; zur Zeit herrsche WLAN vor. Für Autonomes Fahren, die erfreuliche Nachricht zum Abschluss, ist es ohnehin egal – das klappt auch gänzlich ohne Online-Verbindung.
Bild: ©Arild Eichbaum