Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?

Seit Tagen wird in der Medienlandschaft über die von Russland ausgehenden Ereignisse gesprochen. Erst vor ein paar Stunden kam die Meldung über den Ticker, dass gestern der Chef einer Gas(!)firma im Süden Russlands erschossen wurde. Rapide steigt die Zahl der erschossenen und vergifteten Menschen. Allen gemeinsam scheint dabei zu sein, dass es sich um Kritiker des russischen Präsidenten Putin handelt.

Was mich wundert ist, dass offenbar kein Journalist es wagt, eine Tatbeteiligung Putins oder gar entsprechende Einsatzbefehle seinerseits auch nur entfernt in Betracht zu ziehen. Da fragt der Spiegel (49/2006) auf dem Titel "Wer lässt russische Oppositionelle töten?", die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (48/2006) "Wie gefährlich ist Moskau?", der FOCUS (49/2006) sinniert "Stecken Geheimdienstler hinter dem Tod des Kreml-Kritikers Litwinenko?". Die ZEIT (49/2006) überschreibt einen ansonsten neutralen Artikel zumindest schon einmal mit "Der Terror von oben".

Favorisiert werden dabei erstaunlicherweise im Wesentlichen zwei Erklärungsansätze.

Nach der einen Meinung stecken Beresowski, der letzte Arbeitgeber von Litwinenko, und andere Exil-Oligarchen hinter der Tat, deren Motiv es sei, Putin den schwarzen Pjotr zuzuschieben. Dagegen spricht unter anderem, dass auch Mitglieder der zeitweise von Beresowski finanzierten Oppositionspartei "Liberales Russland" ermordet wurden. Zumindest kann Beresowski nicht als Drahtzieher aller Taten gelten.

Nach der anderen Meinung ist der russische Geheimdienst in der Form einzelner seiner Mitarbeiter für die Morde verantwortlich. Damit wolle man zeigen, dass Putin nicht der Herr im Hause Russland ist, ihn isolieren und zu einem härteren Kurs treiben. Dies mag möglich erscheinen. Als sicher kann meinetwegen gar gelten, dass Geheimdienstler diejenigen sind, die die Taten, seien es Erschießungen, fingierte Autounfälle, Bombenattentate oder Vergiftungen durchführen. Die Frage ist jedoch, auf wessen Veranlassung!

Putin war es nicht! Nein, rufen alle westlichen Appeaser. Das schadet doch dem Putin so, was da passiert. Da kann der doch kein Interesse dran haben. Eher sind es seine Feinde. Der arme Kerl! Komisch finde ich dabei allerdings gleich mehrere Aspekte.

Warum reagiert Putin in der Regel schon fast desinteressiert? Wenn es gegen ihn gerichtete Kräfte wären, müsste er doch regelrecht vor Wut aus dem Häuschen sein und massive Aktionen nach innen anschieben, die er natürlich dem Westen aus Glaubwürdigkeitsgründen jeweils brühwarm berichten würde.

Warum hat Putin im Juli 2006 von der Duma zwei voneinander auf den ersten Blick unabhängige Gesetze verabschieden lassen? Das eine, welches der Regierung erlaubt, "Extremisten" und "Terroristen" in Russland, aber auch im Ausland aufzuspüren und zu töten und das andere, welches Regierungskritiker und Regimegegner per Definition zu "Extremisten" macht!

Der lupenreine Demokrat Putin hat sich also den Freifahrtschein zum beliebigen Töten selbst vom Parlament ausstellen lassen. Warum fragt sich keiner, wofür er diesen Freifahrtschein wollte? Um ihn nicht zu benutzen? Das wäre absurd. Warum wird Putin im Westen für einen lieben Kerl gehalten? Der Mann war Chef des KGB/FSB, eines der härtesten Geheimdienste der Welt. Was wirft das für ein Licht auf den gut deutsch parlierenden und dadurch Sympathiepunkte abräumenden Putin? Lassen Sie es mich mal so formulieren: Ein Tierschutzaktivist wird niemals Metzger werden.

Ich kann mich nicht davon befreien, an die Dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück zu denken. Damals gab es diesen Typen namens Hitler. Vereinzelt wurde im Ausland behauptet, der würde Leute ohne vernünftigen Grund in Lager einsperren lassen. Niemand sei bislang aus solchen Lagern zurückgekehrt. Unglaubwürdig, urteilten die Appeaser. Selbst die Reichskristallnacht brachte im Ausland nicht die notwendige Erkenntnis, dass Hitler gestoppt werden musste:

"Nein, sowas macht doch keiner." "Das sind mit Sicherheit nur Gerüchte." "Ihr übertreibt."

(Foto: www.pixelquelle.de / Fotograf: TaschaKlick)

3 Meinungen

  1. Drei medienwirksame Morde ein Täter und ein Feindbild.Warum hat die russische Regierung nicht diskreter gemordet?-Oder warum möchten uns die gleichgeschalteten westlichen Medien den bösen Onkel Putin als Täter präsentieren?Vielleicht weil sich die russische Regierung nicht political correct in Bezug auf den Iran verhält, kurz vor der Holocaustkonferenz, der Eröffnung der iranischen Ölbörse.Wer weiss wer die wirklichen Täter sind- der Mossad?Nein!!! Was nicht sein darf, kann nicht sein.

  2. .@David: Bei allem Respekt. Ich kann eben gerade NICHT erkennen, dass man in Putin den Täter sieht. Genau darum geht es in meinem obigen Beitrag ja auch. Ich kann es nicht nachvollziehen, warum man nicht die naheliegendste Frage offen stellt. War es Putin?.Warum versucht immer jeder gleich zu beantworten, warum der es nun auf keinen Fall gewesen sein kann. Und von gleichgeschalteten Medien mit Blick auf Deutschland zu sprechen, also bitte, das ist nun aber völlig daneben!.

  3. Es wurden in den letzten Monaten in Russland auch unzählige hochrangige und wichtige Personen ermordet, die politisch neutral sind oder eher auf der Seite Putins stehen. Diese Morde lassen sich aber nicht so gut in das vorgefertigte Gebäude einpassen, man müsste dann ja die eigene Meinung revidieren. Deshalb wird über diese Morde auch nicht im Westen überhaupt oder nicht in der gleichen Intensität berichtet – würde eben nicht ins Bild passen. Passt aber ins Bild über den Westen.

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