Beim VDI Wissensforum in Berlin sprach die erste Garde der deutschen Automobilingenieure in der Berliner Erklärung Empfehlungen an den Gesetzgeber aus, um die Zahl der Verkehrstoten weiter zu vermindern. Größte Herausforderung: der Faktor Mensch.
Rodolfo Schöneburg, bei der Mercedes-Benz Car Group Leiter für Betriebs- und aktive Sicherheit und Klaus Kompass, bei der BMW Group Leiter für Fahrzeugsicherheit erörterten die mangelnde Akzeptanz beim Thema aktiver Sicherheitssysteme – an ihren passiven Pendants wie Airbags oder Knautschzonen stört sich niemand. Die Problematik gehe schon beim Entwickeln los, wie Herr Schöneburg erklärt: „Zur Entwicklung passiver Systeme brauchen wir Dummies und Messgeräte. Bei den aktiven Systemen sind Psychologen nötig, ganz einfach, um herauszufinden, wie die Kunden auf ein Assistenzsystem reagieren werden. „Genau, und dann müssen wir wieder Menschen an den Simulator setzten, um zu eruieren, wie sie als Fahrer dann Gefahrsituationen handeln,“ erläutert Herr Kompass beim VDI Wissensforum das weitere Prozedere.
Aktive Sicherheitssysteme nicht durchweg akzeptiert
Obgleich Autonomes Fahren technisch machbar ist, ist es noch eine Vision. Klar ist aber heute schon, dass der Fahrer weiterhin Herr über das Fahrzeug sein will. Außerdem wird es immer Menschen geben, die nicht autonom fahren können, etwa weil ihr Auto dazu nicht in der Lage ist, oder es schlicht nicht wollen,“ gab Herr Schöneburg beim VDI Wissensforum zu bedenken. „Niemand will ein Stützstrumpfauto, will zeigen, dass er irgendwelche Hilfsmittel braucht. Der Spurwechselassistent etwa hilft älteren Menschen mit steifem Hals genauso wie jungen, unerfahrenen Fahrern. Aber währen erstere dieses System schätzen, lehnen es letztere es eher ab. Sicherheitssysteme wie das Head-Up-Display sind da besser, ihre Anzeige sieht im Gegensatz zum Spurwechselassistenten, dessen Warnleuchten für alle Insassen erkenn bar sind, nur der Fahrer,“ führt Herr Kompass aus.
Verkehrstote standen auf dem VDI Wissensforum im Fokus
Hinderniswarnung und automatische Bremse setzten sich am stärksten durch. In allen Fahrzeugklassen verfügbar, sind sie mehr als nur akzeptiert. Auch ergänzen sich aktive Assistenzsysteme oft, bauen aufeinander auf: So wird etwa die Gurtlose-Reduzierung aktiviert, wenn der Bremsassistent das Tempo senkt“ erklärt Herr Schöneburg. „Und Radfahrer lassen sich häufig über die Fußgängererkennung erfassen,“ fügt Herr Kompass hinzu. „Für uns ist es meist sehr viel leichter ein Assistenzsystem durch Werbung bekannt und beliebt zu machen, als auf entsprechende Gesetze zu warten. Aber nicht nur wir als Autoentwickler sind in der Pflicht, auch die Politik hat große Verantwortung: Wenn zum Beispiel Autobahnen als derzeit sicherster Straßentyp tempolimitiert werden, werden Landstraßen als Alternative deutlich attraktiver. Und dann können Sie sicher sein, dass Zahl der Unfalltoten wieder steigt!“