1961 gegründet, feierte Amnesty International am 28. Mai 2011 den 50sten Geburtstag, ein Jahr später darf auch die deutsche Organisation mitfeiern und was passt da besser, als ein Song, der fast ausschließlich von amerikanischen Countrysängern dargeboten wird?
Toast To Freedom: Musiker für Amnesty
Mehr als 50 Künstler haben sich zusammen gefunden, um das Bestehen der deutschen Niederlassung zur Bekämpfung globaler Ungerechtigkeit zu feiern und wir dürfen mit feiern, indem wir ab dem 3.5. alle fleißig die Single „Toast to Freedom“ kaufen, dessen Einnahmen komplett an Amnesty gehen. Das Veröffentlichungsdatum ist übrigens mit Bedacht gewählt worden, da an diesem Tag die Weltpressefreiheit geehrt wird.
Angeblich kam Bill Shipsey, Gründer der Art for Amnesty Kampagne, die Idee 2010 in Dublin als er sich mit Carl Carlton („Everlasting Love“) traf, der letzten Endes auch das Stück mit Larry Campbell zusammen schrieb. Aufgenommen wurde es in Levon Helms Musikstudio, der damit irgendwie auch posthum geehrt wird, zumindest sieht die Presse es allgemein so.
Ewan McGregor, Marianne Faithful, Kris Kristofferson, Gentleman, Carly Simon – vorwiegend aus dem Bereich der Countrymusik wird hier alles zusammen gesammelt, was man finden konnte, das Ergebnis ist ein relativ formloses Mosaik aus rauchigen Stimmen die mal mehr mal weniger begabt über das Weißbrot der Freiheit singen, während eine knarzige Gitarre dahin jault.
Team America als Vorbild?
Lyrisch geht es sehr Amerikanisch zu, das Wort „Free“ eignet sich für ein Trinkspiel für Mutige und die betroffenen Gesichter der Musiker im Musikvideo sind in klassischer Charity-Manier zusammen geschnitten und in weiche Farben getaucht. Hier muss sich auch niemand schlecht fühlen, wenn er direkte Vergleiche zu Team Americas „Freedom isn't free“ zieht, da diese (sicherlich unfreiwillig) nahe liegen.
Schade, denn der eigentliche Hintergrund – auch des unglücklich gewählten Songtitels – ist eigentlich sehr inspirierend. Denn für einen Toast auf die Freiheit wurden 1961 angeblich zwei portugiesische Studenten fest genommen, woraufhin Peter Benenson, der darüber in der Zeitung las, erbost beschloss einen Artikel namens „Forgotten Prisoners“ („vergessene Gefangene“) zu schreiben, der zur Gründung von Amnesty führte.
[youtube EBLHwtGBUAE]Ein guter Bericht zu Benenson und den Studenten wäre da sicher angebrachter gewesen, als ein generischer Countrysong, der mit Celebrities vollgestopft ist, aber wahrscheinlich verkauft sich eine Single besser als eine informative Dokumentation.
Toast To Freedom: Benensons Hinterlassenschaft
Ein wenig symbolisiert der Song jedoch auch den Tropfen, der für Benenson anscheinend das Fass zum überlaufen brachte, denn diese ans Herz gehende Anekdote konnte niemals verifiziert werden, weder der Artikel, den Benenson angeblich gelesen hatte, noch Unterlagen der zwei Studenten konnten jemals gefunden werden, ob es also nur eine hübsche, leserfreundliche Verpackung für ein ernst gemeintes und allzu komplexes Anliegen Benensons war oder sich tatsächlich so zugetragen hat, ist bis heute unklar.
Ob der Song „Toast To Freedom“ also wirklich ein ehrlich und ambitioniert gemeintes Musikprojekt lauter emotional involvierter Musiker oder nur ein massenkompatibles Gimmick einer allzu komplexen Organisation ist, ist gleichwohl fraglich.
Was zählt ist der Grundgedanke, denn dass man in Sachen Menschenrechte noch einiges zu tun hat, ist wohl kein Geheimnis und darf gerne – in welcher Form auch immer – weiter getragen werden. Und den Gedanken muss man auch nicht zwangsläufig mit Geld zur Geltung bringen, aber wenn man gerade keine Zeit für Freiwilligenarbeit hat, kann es wohl auch nicht schaden.