Die deutschen Praktikantinnen und Praktikanten sind
irgendwie brav. Fast eine Million dürfte es von ihnen in den hiesigen
Unternehmen geben. Große Unternehmen wie BMW, Bosch und DaimlerChrysler lotsen
Hunderte von Praktikanten pro Jahr durch ihre Büros und Werkhallen. Nicht
selten erledigen Praktikanten reguläre Arbeit für wenig Geld: für 200, 400 oder
seltener für 800 Euro Monatsgehalt, unter vollem Einsatz und in
der Hoffnung, dass am Ende eine Festanstellung winkt. Meistens müssen sie die
Unternehmen jedoch über kurz oder lang wieder verlassen. Weil schon der nächste
Praktikant Gewehr bei Fuß steht. So beginnen nicht wenige eine Praktikanten-Karriere.
Unter ihnen unzählige Hochschulabsolventen, die dem Arbeitsmarkt nach dem dritten
oder vierten befristeten Arbeitsverhältnis nur noch als gut ausgebildete
Billiglöhner zur Verfügung stehen. Bzw. von den Personalchefs als solche
angesehen werden. Sie werden somit zu „Kleenex-Mitarbeitern“ – benutzt,
beschmutzt, weggeworfen.
In der letzten Zeit ist in den Medien sehr viel über das
studentische oder akademische Praktikanten-Dasein in Deutschland und anderswo
berichtet worden. Überall, in der taz über die Süddeutsche bis zur ZEIT, ist
das Schicksal der „Dauerpraktikanten“ immer wieder Thema gewesen. Mancher Autor
hat sich gelegentlich verwundert gezeigt, wie genügsam und friedlich die
deutschen Praktikanten sind. „Alle Welt“ problematisiert die so genannten
prekären Arbeitsverhältnisse, nur diejenigen, die betroffen sind, schweigen. Selbst
der Euromayday am 1. Mai, die „Parade der Prekarisierten“, hat gezeigt, dass
die Praktikanten schwer zu mobilisieren sind, wenn es scheinbar um ihre
elementaren Rechte und Interessen geht. Wer den Umzug in Hamburg beobachtet hat
– so wie ich –, der konnte feststellen, dass es in erster Linie „linke“ Gruppen
waren, die demonstrierten. Junge Leute aus den Werbeagenturen und den ach so
beliebten „Medien“ (man hätte sie an der Kleidung erkannt), den Branchen also,
die vor allem „Schindluder“ mit Praktikanten treiben, waren nicht auszumachen.
Warum nur? Was befürchten sie? Oder sehen sie ihre Lage als nicht so dramatisch
an? Möglicherweise verklären sie auch ihre Situation, nach dem Motto: Bei mir
wird schon alles gut gehen, ich absolviere zwei, drei Praktika während des
Studiums, und wenn ich den Abschluss in der Tasche habe, dann starte ich voll
durch – als vollwertige Arbeitskraft, die angemessen bezahlt wird, und nicht
erneut als Praktikant, Trainee oder Volontär, dessen berufliche Zukunft
unsicher bleibt.
Und jetzt das: Anfang April ist eine Petition in den
Deutschen Bundestag eingereicht worden, die im Grunde darauf hinauswill,
längerfristige Praktikanten-Stellen für Hochschulabsolventen gesetzlich
verbieten zu lassen.
Der
Original-Text:
„Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass Praktika von
Hochschulabsolventen, die länger als drei Monate dauern und in dem Berufsbild
abgeleistet werden, für das der Hochschulabsolvent ausgebildet wurde, in ein
reguläres Arbeitsverhältnis umgewandelt werden.
Begründung:
Unzählige hochqualifizierte Menschen arbeiten ohne
Entlohnung oder gegen einen Lohn, der unter dem Existenzminimum liegt. Solche
so genannten Praktika dienen nicht der Aus- oder Weiterbildung.“
Noch bis zum 14. Juni kann die Petition online mitgezeichnet
werden. Derzeitig sind es schon über 26.000 Unterzeichner. Absolut
rekordverdächtig, muss man sagen. Und das findet auch Steffen Kraft heute in der Süddeutschen. Denn nur selten unterzeichnen mehr als 1.000 Bürgerinnen und
Bürger eine Online-Petition.
Na, wenn dadurch mal keine Gesetzesinitiative angestoßen wird. In der
Agenturwelt wird wahrscheinlich jetzt schon aufgestöhnt: Bloß nicht! Dem einen
oder anderen Geschäftsführer wird bestimmt schon ganz mulmig. Und das kann man
durchaus nachvollziehen. So manche Kleinst-Agentur in der Medien- oder
Kommunikationsbranche würde um ihre Existenz bangen müssen, insbesondere
diejenigen, unter deren Mitarbeitern mehr talentierte Praktikanten als
Festangestellte zu finden sind. Aber erst einmal handelt ist es ja nur eine
Petition, die überaus regen Zuspruch erhält.
Es wird wirklich Zeit der Ausbeutung Einhalt zu gebieten. Die Verantwortlichen in den Unternehmen könnten an Ihren eigenen Berufseinstieg denken: Ein, max. zwei Praktika und dann eine Festanstellung – so sollte es sein.Headhunter Blog