Agenda-Korrektur als Wahlkampf-Argument: Der designierte Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, will mit einer Änderung der Agenda-2010-Reform den Wahlkampf eröffnen.
Verlängerung der Bezugsdauer des ALG I
Schulz geht es in erster Linie um den Zeitraum, in dem ein Arbeitsloser das Arbeitslosengeld I (ALG I) derzeit erhält. Gegenwärtig erhalten Arbeitslose, die jünger als 50 Jahre alt sind, bis zu zwölf Monate lang das ALG I. Zwischen dem 50. und 55. Lebensjahr sind es 15 Monate, und wer über 55 ist, hat 18 Monate lang Anspruch aufs ALG I. Eines der Ziele des Reformpakets Agenda 2010 war die Verkürzung der Bezugszeitpunkte auf diese Zeiträume. Die Agenda wurde unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) von 2003 an umgesetzt. Ihre umfassenden Reformen beim Arbeitsmarkt, der Rente, den Steuern dem Gesundheitswesen sehr umstritten, auch innerhalb der Regierungsparteien. So sollte der Staat durch eine weitgehende Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe entlastet werden. Mittlerweile hat sich die Arbeitslosigkeit deutlich verringert, aber dennoch brachte die Reform für die Betroffenen viele Härten mit sich. Das haben viele Wähler aus den niedrigeren Einkommensschichten der SPD nachhaltig übelgenommen. Hier will Schulz jetzt nachbessern.
Fehlerkorrektur am System
Laut Schulz gehe es „an die Existenz“, wenn man als Arbeitsloser bereits nach 15 Monaten von Hartz IV leben müsse. Das dürfe so nicht sein. Im Hinblick auf die damals von SPD-Kanzler Schröder mit angeschobene Agenda 2010 sagte Schulz, dass „Fehler machen nicht ehrenrührig“ sei. Allerdings: „Wenn Fehler erkannt werden, müssen sie korrigiert werden.“ Schulz bezeichnete die Agenda 2010 in weiten Strecken als „richtige Antwort auf eine Phase der Stagnation“, die aber auch Fehler hatte. In welcher Form sich die Bezugszeiten für ALG I ändern sollen, wurde noch nicht bekannt. Bundesarbeitsministerin Nahles arbeitet wohl derzeit an einem Programm, dass sie in den nächsten Monaten vorstellen will.
Änderungen auch bei befristeten Arbeitsverträgen
Ebenfalls für reformbedürftig hält Kanzlerkandidat Schulz befristete Arbeitsverträge. Zukünftig sollten solche Arbeitsverträge nur noch möglich sein, wenn für sie sachliche Begründungen vorliegen. Zusätzlich will der Kanzlerkandidat den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer, die Betriebsratswahlen organisieren, weiter verbessern und die betriebliche Mitbestimmung auch für Firmen gelten lassen, die eine ausländische Rechtsform besitzen.