so genannte oder sogenannte?

Wer früher „sogenannte“ beziehungsweise „sogenannt“ schrieb, konnte sich notfalls noch mit der Abkürzung „sog.“ weiterhelfen, falls sich die Frage nach einer getrennten Schreibweise oder einer zusammengeschriebenen Variante ergab – die Rechtschreibreform von 1996 bis 2004 hat hier auf einmal Probleme verursacht, die es so vorher gar nicht gab. Denn während sich die einen die zusammengeschriebene Art von der Abkürzung herleiten konnten, mussten sich die anderen nun an eine getrennte Schreibart gewöhnen, die anscheinend mit dem Sprachgebrauch und der Bedeutung kollidierte. Nach 2004/2006 hat sich noch einmal alles geändert.

Heißt es sogenannte oder so genannte?

Das „sogenannte“ Standardnachschlagewerk der deutschen Sprache, der Duden, der auch zurecht „so genannt“ wird, hat mittlerweile eingesehen, dass zwischen „sogenannte“ und „so genannte“ doch Unterschiede bestehen, die sich nicht zuletzt auch aus der Logik des Wortes ergeben. Oder mit anderen Worten: Seit der erneuten Reform der Reform darf man nunmehr beides anwenden, solange die Verwendung im richtigen Kontext steht.

Wie im beispielhaften ersten Satz des letzten Absatzes gesehen werden kann, liegen bei der Frage der Getrennt- oder Zusammenschreibung inhaltliche Abstufungen vor, auch wenn beide Begriffe natürlich phonetisch nicht auseinanderzuhalten sind. Bezeichnet man etwas als „sogenannt“ bedeutet dies, dass einer Person, einer Sache oder einer Situation Attribute namentlich zugesprochen werden, die entweder nicht ganz richtig sein könnten oder bei denen man durch die Verwendung des Wortes auf einen Fachbegriff oder eine vielleicht nicht offensichtliche Perspektive auf den Begriff hinweisen möchte.

Bedeutungsunterschiede und Sprachgebrauch vor und nach der Rechtschreibreform

Verwendet man hingegen „so genannte“, dann zeigt man, dass jemand oder etwas eben auf diese Weise benannt wurde. Zwei weitere Beispielsätze sollen dies noch einmal verdeutlichen:

„Der sogenannte Profi war der Meinung, alles über die deutsche Sprache zu wissen.“

„Ihr Spitzname war „Lurchi“ und schon als Kind wurde sie so genannt.“

Der Duden kennt wie gesagt beide Varianten, empfiehlt die zusammengeschriebene und lässt logischerweise die andere Fassung zu, sobald sie sinnvoll ist – und die Abkürzung funktioniert auch wieder. Vielleicht kann man sich durch diese Bedeutungsunterschiede die Frage nach der getrennten oder zusammengeschriebenen Version besser erklären…

quelle des Fotos: Robert Kneschke (Fotolia)

4 Meinungen

  1. Freu mich, dass ihr das in euren Blog aufgenommen habt 😀 und danke für die Erklärung.

  2. „auch wenn beide Begriffe natürlich phonetisch nicht auseinanderzuhalten sind“ – das stimmt nicht. „Der sogenannte Profi“ – da wird sogenannte kürzer gesprochen als das „so genannt“ in „der Salamander ‚Lurchi‘ und das ebenfalls so genannte Kind“; man macht eine merkliche Pause zwischen „so“ und „genannt“.

  3. zum ‚Einen‘ und zum ‚Anderen‘ …

  4. Lurchi ist gut.

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