Menschen, die dem gleichen Fachgebiet angehören, basteln sich gerne ihre eigene Sprache. So auch die Meteorologen. Häufig genug fragt man sich, was der Wetterbericht einem sagen möchte. So scheint der Gebrauch von Adjektivattributen vor zusammengesetzten Substantiven nicht ganz astrein zu sein. Denn worauf beziehen sich eigentlich die Adjektive „atlantisch" und „schwer"?
Attribute können sich bei zusammengesetzten Substantiven nur auf die Zusammensetzung als Ganzes oder auf das Grundwort, nicht aber auf das Bestimmungswort allein beziehen. Das heißt stark vereinfacht: es bezieht sich auf den hinteren Teil des zusammengesetzten Substantivs. Möglich ist also beispielsweise „das laute Kindergeschrei" (das laute Geschrei von Kindern) oder „ein steinerner Brückenpfeiler" (ein steinerner Pfeiler einer Brücke). Blödsinn wäre dagegen: „das kleine Kindergeschrei" (gemeint: das Geschrei kleiner Kinder) oder „das steinerne Brückenprojekt" (gemeint: das Projekt der/einer steinernen Brücke).
Dementsprechend bezieht sich „schwere" in den „schweren Unwetterwarnungen" eigentlich auf die Warnung und ist damit sprachlicher Blödsinn. Dennoch hat sich inzwischen die eine oder andere Fügung dieser Art durchgesetzt und ist sprachüblich geworden. Niemand empfindet es als falsch, eine „weihnachtliche Gewürzmischung" zu kaufen. Zwar gehört das Adjektiv auch hier inhaltlich zum ersten Bestandteil der Zusammensetzung, aber das wirkt nicht störend oder falsch, weil die Zusammensetzung „Gewürzmischung" als geschlossene Einheit empfunden wird. In diese Gruppe ist auch der „atlantischen Tiefausläufer" einzuordnen.
Quelle: Duden-Newsletter-Archiv