Auf der walisischen Seite nahe der englisch-walisischen Grenze in der Grafschaft Powys gelegen, ist das kleine Örtchen Hay-on-Wye seit den sechziger Jahren ein Mekka für Leseratten: Denn es ist das erste „Bücherdorf“ der Welt. Geschätzte 10 Millionen Bücher sind es, die Besucher aus aller Welt Jahr für Jahr in das ehemals verschlafene Nest anziehen.
Ein Gründervater mit Vision
1961 war es, als der bekennende Bücherwurm Richard Booth nach Abschluss eines Geschichtsstudiums in Oxford und einer geschmissenen Buchhalterlehre in London zu seinen Eltern nach Hay-on-Wye zurückkehrte, einem kleinen Dorf, das damals mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatte. Hier begann er, seinen Traum vom eigenen Buchladen in die Realität umzusetzen: Booth erwarb für schmales Geld die alte Feuerwache des Ortes und begann, überall im Land alte Bücherbestände aufzukaufen. Nachdem ihm die Dorfbewohner mit anfänglicher Skepsis begegneten, halfen ihm einige sogar beim Aufbau seines Antiquariats. Schon bald sollten sich erste Erfolge einstellen: Der Buchladen machte sich als Quelle für walisische Literatur einen Namen, und das Geschäft lief an, als Liebhaber walisischer Bücher aus dem ganzen Land nach Hay-on-Wye kamen.
Der König des Bücherreichs
Schon bald folgte ein zweiter Buchladen, und Richard Booth ahnte, dass er mithilfe von etwas PR das ganze Dorf zu einem Bücher-Mekka machen und es so von seiner wirtschaftlichen Malaise befreien könnte. So kam er 1977 auf die Idee, Haye-on-Wye zu einem autonomen Königreich zu machen, dass er selbst ausrief – komplett in Hermelin und Krone, denn er krönte sich auf der entsprechenden Pressekonferenz selbst zum König. Das brachte ihm zwar ein paar zerbrochene Fensterscheiben durch abtrünnige Mitbewohner des Ortes ein, steigerte den Bekanntheitsgrad des Dorfes aber so, dass der Ruf des Ortes als „Bücherdorf“ nicht mehr aufzuhalten war: Heute zählt Hay-on-Wye 40 Antiquariate, richtet ein jährliches Literaturfestival mit prominenten Gästen aus und ist wohl der Ort mit den meisten Büchern pro Quadratkilometer auf der Welt.
Futter für jede Leseratte
„Murder and Mayhem“, „Hay Cinema Bookshop“, „Daayman Books“ oder „Sensible Bookshop“ – so heißen die Antiquariate, die die Straßen des Dorfes säumen. Einige von ihnen haben sich auf bestimmte Themen spezialisiert und mittlerweile einen weltweit anerkannten Ruf erlangt. Es gibt auch Bücherregale, die man an geeigneten Plätzen unter freiem Himmel findet: Dort kann man nach ganz persönlichen Schnäppchen stöbern und sie für 50p Pence oder ein Pfund, die man in einer alten Keksdose lässt, überaus günstig erwerben.
Und wer einmal in der freien Natur Pause vom Schmökern machen möchte, der kann einen Ausflug in den nahegelegenen Brecon Beacons Nationalpark machen – oder auf der britischen Seite der Grenze die Grafschaft Gloucestershire mit ihren prähistorischen Stätten und alten Bauwerken besuchen.
Image: andy dolman [CC-BY-SA-2.0], via Wikimedia Commons
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