Reframing oder „die andere Brille“

Neulich bat ich einem Kunden, der sein Thema für völlig festgefahren hielt, mal wieder ein Reframing an. Denn, wenn man eine Problematik nicht verändern kann – und das kommt ja auch manchmal vor – dann kann man wenigstens den Blick darauf verändern und so ganz neue Handlungsalternativen (er) finden.    

Reframing bedeutet, einer Sache, einer Situation einen anderen, neuen Rahmen geben. Anders ausgedrückt, eine Situation oder einen Zustand durch eine andere Brille sehen. Aber Vorsicht: reframing bedeutet nicht, alles durch die rosarote Brille zu sehen oder sich resignierend zurückzulehnen mit dem Satz: „Anderen geht es noch viel schlechter, was soll’s." Reframing hat nichts mit ’sich resignierend zurücklehnen‘ zu tun, sondern im Gegenteil: durch eine neue, positive Umdeutung der Situation werden neue Kräfte zum Handeln zu entwickelt.

Reframing heißt also

  • eine Krise oder kritische Situation als Chance zu begreifen
  • positive Aspekte an einem Problem zu entdecken und sie für sich selbst nutzbar zu machen
  • problematisches Verhalten (erst einmal im Kopf) in einen neuen Rahmen zu stellen, um zu prüfen, ob sich dadurch – von einem anderen Standpunkt aus betrachtet – bisher nicht gesehene, nützliche Aspekte ergeben könnten (positives Probehandeln im Kopf)

Mit anderen Worten: Was den einen nervt, freut den anderen, der man selber sein kann.

Otto Rehagel beispielsweise ist ein begnadeter Reframer. Auf die Frage, ob ihm das nicht auf die Nerven ginge, so divenhafte, komplizierte Spieler zu haben, sagte er einmal: „Spieler, die mir keine Probleme machen, kann ich nicht gebrauchen, die machen dem Gegner ja auch keine!" That´s it!

Andere Beispiele:

Ein Kollege kann noch so blöde sein, als schlechtes Beispiel kann er immer noch dienen. In der Reibung mit ihm wachse ich, entwickle ich meine Persönlichkeit. Dafür kann ich ihm eigentlich dankbar sein. Er ist sozusagen – auch wenn das noch so anstrengend ist – mein Sparringspartner.

Für meinen Kunden bedeutete Reframing, dass er seinen nervenden Kunden – einmal als Sparringsartner betrachtet – in Zukunft nutzen wollte, um völlig neue Produktpräsentationen zu entwickeln als bisher. Eben, weil der Kunde ganz offenbar auf die vorhandenen (exzellenten, aber für ihn wohl unassenden) Präsentationen einfach nicht reagieren wollte.

Manchmal braucht man eben erst ein Problem, um die Lösung zu finden!

Herzlichen Gruß,

Ihr

Detlef Scheer

4 Meinungen

  1. Otto Rehagel hat das schon gut erkannt, so ist es in vielen Bereichen im Leben. Menschen die keine Probleme haben, haben ds Problem, dass sie keine Probleme haben.

  2. Vielen Dank für diese sehr ausführliche Ausführung. Ich persönlich konnte noch einiges dazu lernen bzw wurde durch Ihren Beitrag mein Interesse noch mehr entfacht !
    Als praktizierender Arzt mit Hang zur Technik interessiere ich mich schon lange für diesen Bereich und denke das ich mit einer passenden Umschulung bzw Weiterbildung bestimmt etwas im Bereich Medizintechnik erreichen kann.
    Vielen Dank auch für die weiterführenden Links!

  3. Wenn ich in Coachings Personen vor mir sitzen habe, die sich stark anzweifeln oder sich für kompliziert halten, so stelle ich ihnen oft eine Frage:

    „Stellen Sie sich vor, Sie seien Ihre beste Freundin/Freund. Mit all den von Ihnen genannten „schwierigen“ Anteilen und den Dingen, die Sie besonders an sich mögen.

    Wie würden Sie sich wahrnehmen?

    Oft kommt dabei die Aussage meines Gegenübers, dass doch das erst die Person spannend macht und sie sie doch deswegen so mögen, weil sie nicht perfekt ist….

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*