So klar ist die Wortbedeutung ja auch nicht. In den „Prophezeiungen“ stecken der Prophet – und dessen Aufgabe sind ja gerade Weissagungen – und wohl noch etwas, zeien oder zeihen.
Zeien, das gibt es nicht. Aber zeihen, wie in verzeihen, ist ein nicht mehr gebräuchliches Wort. Heute sagt man lieber beschuldigen oder bezichtigen. Durch die Vorsilbe ver- wird diese – wohl berechtigte Beschuldigung – vom Beschuldigten genommen.
„Prophezeiungen“ woher kommt das eigentlich?
Dinge und Menschen zu beschuldigen, das ist ja nun beinahe die Lieblingsbeschäftigung der Propheten. Und deshalb würde es passen, dass diese mit ihrem Sprechauftrag jemanden oder etwas einer Sache beschuldigen, um vor aufkommendem oder noch zu generierendem Übel zu warnen.
Es sind die (vor-)griechischen Wörter pro und phemi, ein Verb in der 1. Person Singular, aus welchen sich der Prophet zusammensetzt. Dies heißt so viel wie „ich spreche für“. Propheten sind und waren der Ansicht, dass sie von einer höheren Instanz beauftragt seien, die Menschen von nicht tugendhaftem oder zerstörerischem Handeln abzubringen. Anders gesagt zeihen (die Vergangenheitsform lautet ziehen und kann deshalb mit einem gleichlautenden Verb verwechselt werden) bzw. beschuldigen sie Dinge oder Person der Gefahr, die von ihnen ausgehe.
Also müssen sie ja folgerichtig „Prophezeihungen“ mit „h“ aussprechen, nicht wahr?
Unbegründbar, wie es die Weissagungen 2011 auch nun einmal waren…
„Prophezeihungen“ – aber bitte ohne „h“
„Prophezeiungen“ mit „h“ sind allerdings falsch! Nun stellt sich hier die Frage, ob das „h“ sprachgeschichtlich irgendwann herausgefallen ist, weil es zwischen einem Diphthong und einem Vokal steht. Nicht alle „hs“ haben es da so gut wie das im Verb ziehen – um bei den vorhandenen Beispielen zu bleiben. Auch das Wort zeihen haben wir moderne Menschen, die sich für übereilte und verspätete Warnungen lieber auf Statistiken verlassen als auf Eingebungen „von oben“, ja irgendwann total vergessen.
Vielleicht sah Nostradamus ja auch genau dies voraus und hielt es deshalb für überflüssig, die Bewandtnis hinter der Rechtschreibung im Voraus abzuklären. Das sieht man ja auch an den zwei Rechtschreibreformen, die über der deutschen Sprache eingefallen sind wie die zehn Plagen. Wieso schreibt man Prophezeiungen ohne „h“. Für viele selbstverständlich, doch für uns unerklärbar.
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auch mir geht das (vermeintlich) fehlende h immer ab.
allerdings meint das Etymologische Wörterbuch des Deutschen (Wolfgang Pfeifer et al, dtv 1999):
prophezeien von mhd. prophézíen
zeihen von ahd. zíhan, mhd. zíhen
(´ bezeichnet mangels makron langen vokal)
womit ich die annahme, prophezeien stamme von zeihen, für unwahrscheinlich halte.