Die Museumspädagogik ist bereits in Ansätzen in der Museumskunde (Museologie) ab dem 16. Jahrhundert erkennbar. Aus den Schatz-Hortungen der Oberschicht entwickelten sich systematisierte Sammlungen, die bestimmte Inhalte verdeutlichen sollten. Für diese waren daher Erklärungen nötig. Aber nur die Gebildeten konnten sie verstehen. Bereits die Frühformen des Museums benötigten eine „pädagogische“ Begleitung. Die moderneren Museen des 20. Jahrhunderts sollten jedoch mehr als bestaunte Schatzkammern für kulturell Interessierte sein. Sie entwickelten sich zu Bildungseinrichtungen, die auch Kindern zugänglich gemacht werden mussten. Die aktuelle Museumspädagogik sprengt aber den alten Erziehungsrahmen und wendet sich an alle Besucher.
Das Museum als eigenständiges Kulturgut
Eine Pionierleistung ist dem Berater Herzog Albrechts V. von Bayern, dem Belgier Samuel Quiccheberg (1529 – 1567) zuzuschreiben. In einem Traktat des Jahres 1565 wies er bereits auf die Bedeutung von fürstlichen Sammlungen (Kunst– und Wunderkammern) für die Bildung hin. Im Zeitalter der Aufklärung öffneten sich fürstliche Sammlungen, erste eigenständige öffentliche Museen wurden gegründet (1754 Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig; 1759 British Museum, London). Das erste Technikmuseum, das Musée des arts et métiers in Paris, entstand 1794 in den Gebäuden einer ehemaligen königlichen Abtei. Die Ausstellungen richteten sich aber an erwachsene Besucher. Auch in den Gründungswellen des 19. Jahrhunderts wurde der didaktische Aspekt für Kinder nicht beachtet. Bestenfalls Jugendliche wurden als Zielgruppe in jüngeren Gründungen berücksichtigt (Deutsches Museum, München, eröffnet 1925).
Als eigenständiges Kulturgut und Bildungsinstrument wurde das Museum durch die junge Wissenschaft der Museologie „entdeckt“. Erste Ansätze findet man ab 1921 bei dem Direktor des Mährischen Landesmusems in Brünn, Jaroslav Helfert. Als Begründer der Museumspädagogik gilt heute vielfach Albert Steeger, der Gründer des Niederrheinischen Landschaftsmuseums Krefeld (das heutige Museumszentrum Burg Linn), der 1948 eine Museumsschule einrichtete, lange bevor der Begriff Museumspädagogik auftauchte.
Die praktischen Ansätze zur Museumspädagogik gehen also erstaunlicherweise von der Provinz aus, bevor sie in den Kulturzentren Fuß fassen konnte. Erst 1992 wurde die „Education“ als ein Schwerpunkt der Museumsarbeit in den USA anerkannt.
Museumspädagogik – gestern und heute
Einige große Museumsleute und Erziehungswissenschaftler entwickelten erste pädagogische Ansätze, Kulturgut und insbesondere Kunst auch Kindern vermittelbar zu machen. Dazu wurden Kinderarbeiten erstmals als Studienobjekte herangezogen. 1896 konzipierte Alfred Lichtwark, der geistige Vater der Hamburger Kunsthalle, eine Ausstellung über das Thema, wie Kinder malen und denken. Der große Reformpädagoge Georg Kerschensteiner veröffentlichte als Studienrat am Ludwigsgymnasium in München 1905 eine sensationelle Studie mit 847 Abbildungen von Kinderzeichnungen: „Die Entwicklung der zeichnerischen Begabung“.
Die Reformen bei der Präsentation von Kunstwerken („Hängung“) erleichterte den Zugang zur zeitgenössischen Kunst. Der Kunsthistoriker und Museumsleiter Hugo von Tschudi erwarb ab 1896 erstmals überhaupt Werke der französischen Impressionisten für ein Museum, die Nationalgalerie in Berlin. Von 1909 bis zu seinem Tode 1911 setzte er seine Arbeit in München fort, wo er Kandinsky und den Blauen Reiter förderte. Der Pionier der Wasserkrafttechnik und Elektroversorgung, Oskar von Miller, gründete bereits 1903 das Deutsche Museum, das einen völlig neuen Typus von Museum hervorbrachte, in dem Didaktik neben den Artefakten eine wichtige Rolle spielte.
Obwohl bereits in den 30er Jahren große Museen Ansätze von selbständiger Museumspädagogik hausintern schufen, haftete dieser neuen Entwicklung lange das „Geschmäckle“ der Kinderbetreuung an. Sie wurde nicht selten stiefmütterlich als Teil der Öffentlichkeitsarbeit behandelt. Nur in wenigen Großstädten gibt es übergreifende Dienste (z.B. MPZ München, Museumsdienst Köln, MD Berlin). Die Arbeit beinhaltet heute auch die Bindung von Besuchern jeden Alters an das Kulturgut Museum, die Betreuung von Behinderten (u.a. Blindenführungen) und Senioren. Die museale Präsentation jedoch hat sich unter den Aspekten der Museumspädagogik geradezu revolutioniert. Die Erklärung ist gleichwertig zum Ausstellungsgut getreten, allerdings mit den Gefahren der Überfrachtung und Über-Inszenierung.
Aufschwung zur Eigenständigkeit
Es gab lange Zeit keine eigene Ausbildung, und die Museumspädagogik ist auch heute noch zumeist in die Museologie integriert. Fachkompetenz musste und muss als Zusatzqualifikation erworben werden. Studiengänge sind vor allem an der HTW Berlin (Museumskunde) und der HTWK Leipzig, die auch Forschungen auszeichnet, möglich (Museologie). Auch Ergänzungsstudien („Museum und Ausstellung“, Oldenburg) oder Hochschulangebote „Kulturpädagogik“ können genutzt werden. Die Museumspädagogik ist ein Bereich, der weiter an Bedeutung gewinnt. Verglichen mit den USA, in Deutschland jedoch schon relativ gut etabliert ist.