Kinderessen: Wieviel Fett darf drin sein?

Ich habe immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich Studien als Beleg für eine These heranziehe. Grund: Ich weiß nie, wer sie bezahlt hat. Nach wie vor gilt: Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing. Ich weiß leider nicht, wer der Auftraggeber der hier zitierten Studie ist, die in einem Fachmagazin veröffentlicht wurde. Dennoch fand ich die heutige Focus online-Meldung so diskussionswürdig, dass ich sie den interessierten Gesundheits Blog-Lesern nicht vorenthalten möchte. Hier die Fakten: 

Eine kleine Studie der Pennsylvania State University hat ergeben, dass Kinder im vorpubertären Alter für ihr normales Wachstum und ihre Entwicklung reichlich Fett verbrennen. Deshalb ist es wichtig, dass Kindermahlzeiten ausreichend Fett liefern. Nach Ansicht der US-Wissenschaftler sollten 30 Prozent der kindlichen Nahrungsenergie aus Fett bestehen. Vor diesem Hintergrund warnen die Fachleute Eltern sogar, ihre Kinder aus Angst vor Übergewicht mit fettarmen Mahlzeiten zu versorgen.

Während der Testphase bekamen die Probanden – sowohl Kinder wie auch Erwachsene – amerikanische Durchschnittskost. Darüberhinaus erhielten sie die Order, sich während des Tests nur wenig zu bewegen, stattdessen zu lesen, Filme anzuschauen oder am Computer zu spielen. Ergebnis: Solange die lieben Kleinen wachsen, verbrennen sie pro verbrauchter Kalorie deutlich mehr Körperfett als Erwachsene. Deshalb sollte man ihnen Fett, etwa eine leckere Bratwurst, nicht verweigern. Eine fettarme Ernährung bei Kindern halten die US-Wissenschaftler, wie bereits erwähnt, für keine gute Idee.

Welches Fazit können wir nun ziehen? Kinder werden nicht dick, wenn ihre Eltern die 30 Prozent-Regel beherzigen. Das mag in der Regel so sein. In der Praxis stelle ich mir die Umsetzung dieser Ernährungsempfehlung allerdings schwer vor. Wer jongliert schon gerne mit Kalorien- oder Fetttabellen herum? Versteckte Dickmacher lauern überall, wie plusminus neulich berichtete. Auf schnelle Einkaufshelfer, etwa die britische "Kalorienampel", darf der deutsche Konsument kaum hoffen, wird sie doch von den Nahrungsmittelkonzernen abgelehnt. Man kann nur hoffen, dass Große und Kleine beim Essen wieder ein Gefühl für Qualität, Mengen und Portionen entwickeln, dass sie bewusst essen und überlegen, was sie in ihren Einkaufswagen legen. Wer sich wenig bewegt, der muss auch nicht wie ein Bauarbeiter essen. Das gilt auf jeden Fall für Erwachsene. Kinder scheinen von Natur aus eine kleine "Fettbremse" zu haben, doch sollten sich die Eltern nicht zu sehr darauf verlassen. Schließlich sind moppelige oder gar dicke Kinder ein täglicher Anblick. Die Natur hat für vieles eine Lösung, doch bekommt auch sie nicht alles automatisch in den Griff. 

Ich muss zugeben, dass mich die Studie nicht vom Hocker haut. Sie hilft den Eltern kaum weiter. Man weiß heute, dass der Gesundheitszustand von Kindern viel mit dem Sozialstatus und dem Bildungsniveau der Eltern zu tun hat. Ernährungsphilosophien, Ernährungstabellen oder Einkaufsberater scheinen nur diejenigen Menschen zu erreichen, die ohnehin kaum Gewichtsprobleme haben. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung jedoch bleibt außen vor. Wer von Haus aus wenig Geld hat, der muss logischerweise beim Lebensmitteleinkauf sparen, das ist klar. Doch es muss auch hier eine Lösung geben. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie allergisch manche Menschen darauf reagieren, wenn man ihren Ernährungsstil vorsichtig kritisiert. Vielleicht muss man einfach erkennen, dass man nicht allen Menschen helfen kann. Erwachsene sind für sich selbst verantwortlich, doch mein Mitgefühl gehört den Kindern, die ernährungstechnisch im falschen Elternhaus gelandet sind. Deshalb sollte bereits in Kitas, Kindergärten und Schulen über "richtiges" Essen informiert werden. Vielleicht schaffen es die Kleinen ja, ihre Eltern mit dem neu erworbenen Wissen umzuprogrammieren. Kinder beeinflussen eindeutig das Kaufverhalten ihrer Eltern. Ich denke deshalb, dass diese Strategie Aussicht auf Erfolg hat. Sie wird ja auch bereits hier und da praktiziert. Das finde ich prima und fordere hiermit einen bundesweiten Nachschlag!

Fotohinweis: http://www.peanuts.com/

Eine Meinung

  1. Und die lieben Kleinen beeinflussen nicht nur das Kaufverhalten der Eltern. Ich erzähle meinen eigenen Eltern seit Ewigkeiten wie das mit den Hühnern und der Haltung ist, aber erst seit meine Töchter sich weigern, Eier zu essen, auf denen keine Null aufgedruckt ist und Opas Einkauf kontrollieren, haben auch die vermeintlich unverbesserlichen Großeltern endlich umgedacht.Und was die Geschichte mit dem Fett angeht: ich finde es echt schwierig, Kindern beizubringen, damit Maß zu halten. Vor allem, wenn es den Eltern auch immer wieder soooo schwerfällt. Bin ich zu streng damit, dann jammert meine Große (die Kleine hat komischerweise ganz natürliche Essgrenzen) bei anderen und stopft sich bevorzugt mit heimlichem Süßkram voll. Sagt man zu viel zum Thema, riskiert man eine Essstörung, sagt man zu wenig, ein ungesund ernährtes Kind, das kein Maß kennt. Bleibt nur, das dauernd hungrige Kind mit Unmengen von Obst und Rohkost zu versorgen und es zur Bewegung zu animieren. Anstrengend. Aber die Sache wohl wert.

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