Zuerst auf der Welt waren diese Hauptworte wohl kaum: Ein Baby, das Sprechen lernt, formt zunächst hauptsächlich Worte, die auf Tätigkeiten und auf Handeln Bezug nehmen: «AA», «Pipi», auch «Wauwau». Und ob das Kind bei «Mama» oder «Papa» wirklich auf ein Konzept von Person Bezug nimmt, wie es die stolzen Erzeuger glauben, oder ob es sich nicht vielmehr auf das Streicheln, Füttern und Vorsingen bezieht, das fragen die Eltern am besten ihren Nachwuchs mal selbst.
Auch die Wortwurzel des Tätigkeitswortes, das «verbum», bezeichnet im Lateinischen noch schlicht das «Wort» an und für sich. Und «verbal» ist schließlich alles, was uns über die Lippen kollert. Die Benennung von Handlungen und Tätigkeiten scheint also irgendwie ursprünglicher zu sein als das Benennen der Dinge, scheint näher an jene Wurzeln heranzureichen, die den Menschen zum Sprechen brachten. Trotzdem reden wir heute mit einem gewissen Recht nur bei den «Substantiven» von «Hauptwörtern», allerdings auch nur bei manchen. Denn Worte wie «Tanne», «Bach» oder «Felsen» sind nun mal anschaulicher und konkreter als damit korrespondierende Tätigkeitsworte wie «wandern», «baden» oder «klettern» …
Auch unter einem «neudeutschen» Hauptwort wie «Blog» kann ich mir etwas «vor Augen» stellen: Ich sehe die einzelnen Beiträge vor mir, die Blogroll, die Kommentarleiste, die Links, die Bilder und den Counter. Beim Tätigkeitswort «Bloggen» dagegen wird meine Vorstellung schon unpräziser: Besteht die Tätigkeit im Eintippen der Texte, im Durchstreifen der Stadt, um zu Fotomotiven fürs Blog zu kommen, im Zusammenschneiden von Podcast-Beiträgen, im Tippen von HTML-Code? Die Tätigkeit, das «Bloggen», besteht aus ganz vielen unterschiedlichen Tätigkeitsebenen, die dem Wort das Konkrete rauben, es wird diffus und findet schwerer in die Vorstellung Eingang. Deshalb, vor allem deshalb, nennen wir die Hauptworte zu Recht Hauptworte. Denn es sind immer die Dinge, an die wir uns halten.
Deshalb aber auch Vorsicht: Wir sollten auch nur echte Hauptworte als Hauptworte verwenden. Wenn ich, wie oben, nicht bildhaft und konkret von einem «Blog» rede, sondern vom «Bloggen» spreche, dann habe ich eine eher bildferne Tätigkeit – simsalabim! – in ein scheinbares Hauptwort verwandelt, ich habe eine «substantiviertes Verb» geschaffen. Wir sollten aber, um unmittelbar verständlich zu bleiben, möglichst nur Hauptworte verwenden, die auch Dinge symbolisieren. Nur so bleiben wir anschaulich, das andere sind keine echten Hauptworte, das ist bloß grammatische Camouflage: unser Getue versucht sich konkret und dinglich zu geben. Meist sind es aber nur so genannte «Abstrakta», eher unanschaulich, eher unverständlich, eher unverantwortlich. Sprechen wir also in unserem Bloggerleben ruhig weiter anglizistisch vom «Monitor», aber vermeiden wir, wenn wir denn verständlich bleiben wollen, unter allen Umständen das Wort «Monitoring», reden wir ruhig auch mal von einem möglichen «Markt» in der Blogosphäre, aber niemals vom «Marketing». Denn davon sabbeln die anderen, die Unverständlichen, schon genug …